Hanoi

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Nov 272014
 
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Motorräder bestimmen das Straßenbild.

571. Reisetag

17.067 km

 

Der Flug nach Bangkok startet in Chennai pünktlich um 1.30 Uhr. Am Flughafen in Thailand werde ich Marie treffen, die aus Frankfurt ankommt. Sie wird mit mir die nächsten Monate mit dem Rad unterwegs sein. Wir finden in Bangkok um gemeinsam unsere Reise nach Hanoi fortzusetzen. Bei der Ankunft wartet bereits ein bestelltes Auto, dass uns und die zwei Räder zum Hotel in der Altstadt transportiert. Ein angenehmer Einstieg.

Das Hotelumfeld ist das Backpackerviertel mit vielen Touristen, Restaurants und Reisebüros. Durch das quirlige Umfeld ist es laut. Zusätzlich plärren aus Lautsprecher von Telegrafenmasten Musik und Ansprachen an das vietnamesische Volk. Es ist nicht so heiß wie in Indien und die störenden Mücken sind verschwunden. Für mich sehr angenehm, für Marie zu heiß.

Die Altstadt ist durchzogen von schmalen Gassen mit vielen Geschäften. Die Hauptverkehrs- und Transportmittel sind Motorroller, Mopeds, manchmal auch mit Elektroantrieb. Sie kommen von allen Seiten und beim Laufen und Überqueren der Straße ist höchste Aufmerksamkeit gefordert. Es gibt zwar Bürgersteige. Diese sind jedoch mit den vielen Zweirädern vollgestellt. Hinzu kommen die kleinen Straßenrestaurants und Verkaufsstände. Im Gegensatz zu Indien findet das gesellige Leben auf der Straße bzw. in offenen Lokalen statt. Auf Höckerchen wird gesessen, gegessen und auch getrunken. Nicht nur von den Touristen. Die Flexibilität der Straßenhändler und Garküchen ist beeindruckend. Wo sich beispielsweise tagsüber der Eingang zum buddhistischen Tempel befindet, steht abends eine Garküche bereit mit erwähnten Höckerchen, Tischen, Spülschüsseln und Kohleofen. Der Friseur benötigt nur einen Stuhl, einen Spiegel, welcher an einer Mauer aufgehängt wird und schon kann es losgehen.

Nach einigen Tagen in Hanoi zur Eingewöhnung treffen wir uns mit meinem früheren Reiseleiter Tom. Er wohnt in Hanoi mit seiner Freundin Chung zusammen und sie haben eine 1 Monat alte Tochter. Mit Tom habe ich tolle Radreisen durch China und bereits auch durch Vietnam unternommen. Wer also Lust hat in Asien zu radeln und nicht alleine unterwegs sein möchte, kann sich auf seiner Website informieren www.tomtomtravel.com.

Die beiden laden uns zu sich nach Hause ein und bekochen uns mit einem vorzüglichen vietnamesischen Essen. Der Weg zu ihrem Haus wird eine Schwarmfahrt in Mopeds und wir mitten drin. Ganz rechts ist außerdem wieder Gegenverkehr von Mopeds. Schlimmer kann der Verkehr nicht werden. Marie meistert ihre Feuertaufe vorzüglich. Nach Rückfrage bestätigt sie sogar, dass es eine sportliche Herausforderung war.

Am nächsten Tag besuchen wir Tom im Goetheinstitut. Dort arbeitet er vorübergehend als Deutschlehrer. Wir stellen uns seiner Klasse zum Interview zur Verfügung.

Der anschließenden Besuch im Literaturtempels ist ein wenig enttäuschend. Beim letzten Mal (vor 3 Jahren) saßen an der Mauer viele Künstler, die chinesische Kalligraphien anfertigten. Diesmal ist keiner zu sehen. In der großen alten Tempelanlage versammelten sich Abschlussklassen zum Fototermin. Teils herausgeputzt als hätten sie bereits ihren Doktor in der Tasche.

Das naheliegende Ho Chi Min Mausoleum ist geschlossen. Der mumifizierte vietnamesische Held weilt zur jährlichen Auffrischung in Moskau. Rund herum in den Parkanlagen wird gebaut, viele Wege sind gesperrt. Vor den nahegelegenen Regierungsgebäuden werden wir beim Halt auf dem Bürgersteig sofort vom Wachpersonal vertrieben. Auf den Fahrrädern sind wir wohl suspekt.

Wir weilen hauptsächlich in der Altstadt von Hanoi, die moderneren Stadtteile besuchen wir nicht. Es gibt sie aber die Shoppingmals und Hochhäuser.

By, by Indien.

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Nov 192014
 
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Indien – hoher Anspruch, viel Widerspruch.

563.  Reisetag

17.041 km

 

Die letzten 60 Kilometer in Indien liegen vor mir. Der Wind weht mir heftiger als an den Vortagen entgegen. Das Radeln strengt an. Es ist Sonntag, der Verkehr auf dem Highway hält sich in Grenzen. Ich nähere mich der viertgrößten Stadt Indiens mit ca. 8 Mill. Einwohnern – Chennai. Der Verkehr nimmt deutlich zu. Die letzten 30 km durchfahre ich städtische Vororte.
Da die Stadt groß und unübersichtlich ist habe ich mir eine Unterkunft gebucht um einen Anfahrtspunkt zu haben. Ein eindeutiges Stadtzentrum habe ich nicht ausmachen können. Das Hotel befindet sich der Karte nach im inneren Bereich nahe der historischen Altstadt. Stelle bei meiner Ankunft aber fest, es liegt in einem mittelmäßigen Hotelviertel ohne besonderen Reiz. Die Unterkunft ist ok, nur es gibt viele Mücken in meinem Zimmer und nicht nur hier.

Hinter den Hotels ist ein Lederviertel. Berge von unbearbeitetem Leder liegen in kleinen und großen Läden. Sie werden abtransportiert und geliefert. Einige Geschäfte bieten die Produkte daraus an. Nie sehe ich Kunden darin.
Daneben einige enge vollgestellte Straßen mit kleinen Hütten in denen Menschen leben. Es wird auf der Straße gekocht, gewaschen, gesessen und wohl oft auch draußen geschlafen. Viele Kinder laufen herum. Müllhaufen liegen am Rande, aus denen noch die letzten Plastikreste herausgeklaubt werden um einige Rupien zu erhalten. Eine indische Großstadt beherbergt viel Armut.

Ich habe in den nächsten zwei Tagen einiges zu erledigen. Meine im Iran verlorengegangene Zahnfüllung lasse ich erneuern. In einer großen modern ausgestatteten Praxis arbeiten diverse Zahnärzte. Ohne lange Wartezeit werde ich behandelt. Mein Fahrrad mache ich flugtauglich, indem ich Pedale und Lenker verdrehe und einen aufgeschnittenen Karton über Sattel und Lenkstange binde. Im Flughafen lasse ich das gesamte Rad später mit Folie umwickeln. Hat bei den letzten Flügen gut funktioniert.

Mein Stadtbesichtigungsprogramm ist bescheiden. Ich lasse mich mit dem Tuk-Tuk in das Altstadtviertel fahren. Es gibt auch Fahrradrikschas. Ich bringe es aber nicht fertig mich von einem alten Mann mit schwerfälligem Rad transportieren zu lassen obwohl ich weiß, dass ist seine Arbeit.

Auch hier wird in den schmalen verwinkelten Straßen ausschließlich ein Handelsgut verkauft, wie in den alten Zeiten. Es gibt die Blumen-, Papierwaren-, Feuerwerksgasse usw. In manchen herrscht ein Gedränge von Menschen, dazwischen fahren die Mopeds und Rikschas versuchen sich hindurch zu schlängeln. Zusätzlich lungern Kühe herum. Beim Gehen mit Blick nach vorne trete ich in die Mitte eines frischen Kuhfladen.

Fotos gibt es nur wenige. Selten funktioniert die Kamera. Meist nicht wenn ich es möchte. Einen reproduzierbaren Fehler finde ich nicht. Nehme an, es ist die hohe Luftfeuchtigkeit. Verschleiß- und Ermüdungserscheinungen überall. Am Fahrrad rostet alles was nicht aus Edelstahl oder mit einer Farbschicht bedeckt ist: div. Schrauben, die Nieten am Sattel und manches Werkzeug. Die teure Frontlampe mit aufladbarem Akku spinnt. Mal kann ich sie nicht aus- und mal nicht einschalten. Ein Brillenbügel ist abgebrochen. Habe zum Glück eine zweite mit. Am Computer funktionierte das Mauspad für ein paar Tage sehr eingeschränkt, dann wieder normal. Das Garmin-gps zieht Feuchtigkeit und beschlägt manchmal. Mein Husten wird nicht besser.

Positiv ist, dass ich die zwei Monate in Indien ohne Durchfall überstanden habe. Trotz mancher Gerichte vom Straßenrand und Fruchtsäfte mit unklarer Wasserzugabe. Alleine war ich nur beim Radfahren. In den Unterkünften und bei Stadtgängen hatte ich Andrea’s Gesellschaft. Die gewählte Südindienroute entlang der Backwaters und der Besuch der vielen Tempel war interessant. Ich konnte oft auf Nebenstraßen fahren. Selbst der Verkehr auf den Hauptstraßen hielt sich in Grenzen. Der Monsun hat nicht allzu oft Wassermassen auf mich geschüttet. Und das Wichtigste, die Inder sind freundliche Menschen.

Am 20. November um 1.30 Uhr morgens verlasse ich Indien mit dem Flugzeug Richtung Vietnam.

Die Tempel von Mamallapuram.

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Nov 152014
 

DSC01562559. Reisetag 

16.981 km

 

Die Sonnentage sind vorbei. In der Nacht regnet es in Auroville heftig, am Morgen beim Frühstücken ebenfalls. Trotzdem ist meine Weiterfahrt angesagt. Die Regensachen sind griffbereit, falls ein Schauer zu heftig wird. Meist finde ich aber einen Unterstand, sei es ein Baum, Tempel oder das leere Blechhäuschen einer Polizeischutzkabine am Straßenrand. Trotzdem werde ich nass. Da es warm ist stört es nur wenig. Unangenehmer ist der aufgefrischte Wind. Merkwürdig, fast immer ist er gegen mich gerichtet. An der Westküste blies er aus dem Süden und an der Ostküste vorwiegend vom Norden her.

Entlang des Ostküstenhighways fahre ich Richtung Norden. Es ist eine normale Straße, meist mit einem breiten Seitenstreifen. Dort muss ich etwas weniger auf die verrückten Busfahrer achten, die den Gegenverkehr ignorieren. Kleinere Straßen in Küstennähe gibt es in diesem Abschnitt nicht mehr.

Das Tagesziel ist die Stadt Mamallapuram, einst Seehafen des antiken Pallava-Königreiches im 7. Jahrhundert. Ein granitischer Felsenhügel erhebt sich am Ortsrand. Wunderschöne kleine Tempel und Reliefs wurden in den Stein gemeißelt. Ein riesiger fast runder Stein auf einer schiefen Ebene wird Krishna’s Butterball genannt. Etwas abseits liegen fünf steinerne Tempel, die Rathas. Sie sind jeweils einem Hindugott geweiht und aus dem anstehenden Fels gemeißelt. Zwischen ihnen steht ein großer (steinerner) Elefant und dahinter liegt eine Kuh. Direkt am Meeresufer auf einer kleinen Landzunge ragen zwei Tempel in den Himmel. Alles ist 1300 Jahre alt und gut erhalten.

Kein Wunder also, dass die Anlage und Weltkulturerbe die Touristenströme anzieht. Yoga, Massagen und unzählige große und kleine Steinmetzarbeiten werden in den vielen Läden angeboten. Im Lonely Planet wird der Ort Backpackistan genannt. Es gibt wirklich neben den indischen Touristen viele „Westler“, die im Ort ein paar Tage bleiben. Andrea und ich wohnen in einem schönen Guesthouse direkt am Meer mit Blick vom Balkon auf den Strand.
Es ist unsere letzte gemeinsame Bleibe. Die Zusammenfahrt, sie mit dem Bus, ich mit dem Rad hat funktioniert und die Strecke war geeignet dafür. Sie fährt von hier aus mit dem Bus zurück nach Cochin und fliegt weiter nach Deutschland. Ich radele nach Chennai, meinem Abflugsort nach Vietnam.

Von unserem Balkon aus beobachten wir das Meer und die Küste. Viele kleine Fischerboote liegen am Ufer. Die Fischer scheinen immer ihre Netze in Ordnung zu bringen. Wegen des schlechten Wetters fahren sie die nächsten zwei Nächte bzw. in den ersten Morgenstunden nicht hinaus. Es stürmt und gießt. Dann setzt sich die Sonne wieder durch und auch wir können unser Besichtigungsprogramm starten.

Auroville.

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Nov 112014
 
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Matrimandir im Mittelpunkt von Auroville.

555. Reisetag

16.874 km

 

 

Ein Land, das wieder zum Leben erwacht. Auf einem Wüstenerwartungsland wurden in den letzten 50 Jahren über zwei Millionen Bäume gepflanzt. Eine grüne Landschaft ist entstanden: das Experimentfeld von Auroville.
Auroville ist die Vision einer universellen Stadt, in der Menschen jenseits aller Bekenntnisse, politischer Gesinnung und nationaler Herkunft zusammenleben.

In den 68iger Jahren – in Deutschland eine unruhige Zeit mit vielen Demonstrationen für mehr Gerechtigkeit, weniger Aufrüstung und gegen die Notstandsgesetzgebung – legten hier jugendliche Vertreter aus 124 Ländern und den indischen Bundesstaaten eine Handvoll Heimaterde in eine Urne, um die Menschliche Einheit zu symbolisieren. Die ersten Pioniere siedelten sich an. Heute leben bereits 2100 Menschen hier, davon ca. 50 Prozent Ausländer, verteilt in 100 kleinen Siedlungen auf dem großen Gelände. Viele Projekte wurden ins Leben gerufen. Schulen, Bio-Farmen, Handwerksbetriebe, erneuerbare Energie, Kunsthandwerk und vieles mehr (siehe unter www.auroville.org).

An diesem interessanten Ort weilen Andrea und ich acht Tage. Andrea hat sich tapfer ein Fahrrad geliehen und wir erfahren das weitläufige Gelände. Wegen der schlechten Karte und des Mangels an Wegweiser ist es nicht immer einfach unsere Ziele zu finden. Meist durchfahren wir eine Wald- oder Buschlandschaft mit wenig Bebauung. Auch 50 Jahre nach der Gründung von Auroville denkt man, die Stadt befindet sich erst im Entstehen. Die nicht sehr vielen Gebäude sind im guten Zustand und einem städteplanerischen Konzept der ersten Stunde untergeordnet.
Im Zentrum steht das Matrimandir in einer Parklandschaft, ein kugelförmiger Bau mit einem inneren Raum der Stille, ein Ort, der der Universellen Mutter geweiht ist: Ein Konzept, das der Hindukultur vertraut, für den Westler jedoch schwer verständlich ist.

Wir unterhalten uns in den Werkstätten, der Mensa oder im Kaffee mit einigen Aurovillianern. Für ihre Arbeit erhalten sie einen Einheitslohn von ca. 80 Euro im Monat bei freiem Wohnen, Essen und Gesundheitsvorsorge. Das ist für indische Verhältnisse normal, für Westliche setzt es jedoch einen erheblichen Idealismus voraus. Rentner (sofern sie ausreichende Rente bekommen), haben es einfacher. Sie arbeiten sozusagen als Voluntäre – wie übrigens sehr viele junge Menschen, die hier eine Zeit lang leben. Ihr Lohn ist die sinnvolle Beschäftigung in einer Gemeinschaft. Klingt alles gut, Probleme gibt es aber genügend.
Betriebe können auch privat geführt werden, die Gebäude und das Land gehören der Gemeinschaft und werden von ihr gepachtet. Vom Gewinn muss 1/3 abgeführt werden. Die einfachen Arbeiten werden von angestellten Indern aus den Dörfern durchgeführt. Die Bedingungen sind also doch nicht für alle gleich.

Trotzdem sehe ich mich bereits auch hier arbeiten. Es ist das erste Mal auf meiner Tour, das ich mir vorstellen kann, an diesen Ort für längere Zeit zurückzukommen. Noch möchte ich unterwegs sein – mal sehen, wie es in einem Jahr aussieht.

Wir machen einen Ausflug zu einem nahen Aufforstungsprojekt der Gruppe Sadhana (sadhana-forest.org), in dem nur Voluntäre arbeiten. Sie leben unter einfachsten Bedingungen in selbstgebauten Bambushütten. Alkohol, Zigaretten und sonstige Drogen sind wie überall in Auroville nicht erlaubt.
Eine „Weltwärts“-Freiwillige erklärt uns die täglichen Arbeitsabläufe. In dem einst ariden Gebiet wurden zunächst kleine und große Staubecken gegraben, um das Regenwasser der Monsunzeit am Abfluss zu hindern. Bei genügend Feuchtigkeit haben die gepflanzten Bäume eine gute Überlebensrate. Mit dieser Methode ist bereits der Grundwasserspiegel der Gegend um sechs Meter gestiegen.

Die trocken-gefallenen Brunnen der Menschen, die im Umfeld leben, haben wieder Wasser. Ein bewundernswertes Projekt, mit deutlich sichtbarem Erfolg.