Abschied von Sri Lanka.

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Sep 192014
 
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Blick von meinem Balkon.

 501. Reisetag

 

Vor meinem Fenster rauscht das Meer. Der Wind treibt einen fischigen Geruch vorbei. Am Strand sehe ich Frauen und Männer bei der Arbeit. Fische werden ausgenommen und auf Planen ausgebreitet getrocknet. Der Fischabfall wird zurück ins Meer gegeben. Wundere mich, dass sich die immer hungrigen Hunde und Krähen nicht über den Trockenfisch hermachen. Sind wohl zu salzig.

Das Leben auf der Straße der Individualtouristen im Fischerort Negombo ist wie gehabt. Bin in der gleichen Unterkunft, esse in mir bekannten Restaurants das etwas langweilig gewordene Currygericht, zur Abwechslung auch mal mit Fisch. Werde wiedererkannt und herzlich gegrüßt.

Wolken am Himmel und ab und zu einen Regenschauer begrüße ich. Auf dem Balkon weht dann ein frischer Wind und es ist recht angenehm. In der heißen Sonne kann ich es hingegen kaum aushalten.
Mit der Dämmerung kommen die Mücken. Eh ich es bemerke wird mein Bein die Getränkebar. Merkwürdigerweise juckt es mich besonders nach dem abendlichen Duschen. Berechtigt durch Stiche, aber auch viel Phantomjucken. Selbst unter dem Moskitonetz bin ich nicht sicher. Immer wieder finden diese Plagegeister einen unbekannten Einstieg und stören meine Nachtruhe.

Am Mittwoch fahre ich mit dem Bus nach Colombo um mein Vietnam-Visa abzuholen. Wegen der Abgase, die vorbeifahrende Busse und Lastwagen in Kopfhöhe ausstoßen, raubt mir die Tuk-Tuk-Fahrt vom Busbahnhof zur Botschaft schier den Atem.

Am Freitag mache ich den Abschiedsbesuch auf dem Fischmarkt in Negombo. Große und kleine Fänge werden angeboten, oft nur in Schalen oder Plastikplanen auf dem Boden. Vor den Markthallen, auf dem breiten Sandstrand, erfolgt die Weiterverarbeitung der Fische. Fast alles wird genutzt. Sogar die Gerippe liegen zum Trocknen aus und werden anschließend zerkleinert. Es stinkt in manchen Ecken fürchterlich.

Das kleine Land Sri Lanka, nicht größer als Bayern, aber mit fast doppelt so vielen Einwohnern, habe ich drei Monate durchfahren, dabei 2000 km zurückgelegt. Ich bin erstaunt über die unterschiedlichen Landschaftsformen. Steppenartige Landstriche im Norden, Kokosnussplantagen im südlichen Küstenabschnitt, hohe Berge mit tropischer Regenwald und vielen Teeplantagen im Inneren.
Die Insel ist reich an Kultur mit vielen Orten, die von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt wurden. Der Besuch im kleinen Dorftempel zeigte mir die tiefe Verankerung des Glaubens in der Bevölkerung.
Die Menschen sind ausgesprochen freundlich und hilfsbereit. Fast immer wurde ich mit einem Lächeln begrüßt. Das anmutige Wiegen des Kopfes als Begrüßungsform und Bejahung ist eine schöne Erinnerung.
Es gibt leider auch die andere Seite. Häufige Straßenkontrollen, gesperrte Bezirke und viel Militär in dem von Tamilien bewohnten Norden. Als Durchreisender erfahre ich nur wenig von den Schwierigkeiten der Tamilen. Ein Blick auf die Internetseite u.a. von amnesty international zu Sri Lanka zeigt das Ausmaß der Repressionen und Menschenrechtsverstöße auf der Insel.
Dass es zum 50 km entfernten Indien keine Schiffsverbindung gibt ist politisch gewollt und trifft die Tamilen, die traditionsmäßig eine enge Beziehung zum Nachbarland haben. Für die kurze Strecke muss ich ein Flugzeug nehmen, dass ist ärgerlich.

Die letzten Tage verbringe ich mit angenehmen Wenig-Tun und Blick auf das vor meinem Fenster rauschende Meer.

Wieder in Negombo.

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Sep 122014
 

DSC09730494. Reisetag

15.655 km

 

Beim Frühstücken stelle ich mir so manchmal die Frage: Was soll das, immer unterwegs sein. Ist die Vision, das Fernweh vor eineinhalb Jahren, noch immer das Wegweisende für mich?
Mittlerweile ist das Nomadenleben mein Alltag. Oft unterscheiden sich die Tage wenig. Ich setze mich morgens aufs Fahrrad. Es ist heiß. Die Landschaft kenne ich bereits. Sie ist nicht mehr so abwechslungsreich. Seltener werden die Strecken und Höhepunkte, die mich begeistern. Habe ich schon zu viel gesehen. Ist das alles Routine?
Ich bin alleine und kann mich nicht austauschen. Das immer gleiche oberflächliche Gerede unterwegs ist kein Ausgleich dafür.

Trotzdem möchte ich nicht aufhören. Fühle mich auf dem richtigen Weg. Und da ist etwas was ich nicht „fassen“ kann. Ist es der Wunsch ein Platz zu finden, an den ich gehöre? Kann sein, solche Orte sind rar und nur mit viel Glück anzutreffen. Ein klares Ziel meiner Reise gibt es nicht. Noch ist da ein Sog in das Unbekannte, die unbestimmte Ferne und eine Suche nach irgend etwas.

Das Frühstück ist beendet. Der heiße Kaffee verursacht bereits einen Schweißausbruch vergleichbar mit einer stundenlangen Fahrt durch die Sonne. Ich schwinge mich aufs Rad und fahre entlang der Küstenstraße Richtung Colombo. Wundere mich, dass viele Geschäfte geschlossen sind. Später erfahre ich, es ist der Vollmondtag, jedes Mal ein Feiertag im buddhistischen Sri Lanka. Behördlich wird zusätzlich an Wochenenden nicht gearbeitet. Damit haben sich die Christen – mit Ausnahme in den arabischen Staaten – weltweit durchgesetzt.

Der beständig wehende Südwest trifft mich jetzt von der Seite und verlangsamt die Fahrt kaum noch. Dunkle Wolken ziehen auf. Kurze Zeit später eimert es vom Himmel. Ich kann mich gerade noch in ein Lokal zurückziehen.

Im kleinen Ort Induruwa übernachte ich in einer Unterkunft, direkt mit Garten zum Strand. Diese gehört einem sri-lankanischem/deutschen Paar, das in Bonn gelebt hatte. Sie haben vor 35 Jahren den Aufbruch und Neustart gewagt. Ich bleibe eine weitere Nacht bevor ich nach Colombo aufbreche.
Der Verkehr nahe der Hauptstadt nimmt deutlich zu. In einem ungeordneten Gewirr von stinkenden Tuk-Tuks, Autos und Bussen bleibe auch ich nahe vom Zentrums im Stau stecken.

In Colombo sind Botschaftsgänge zu erledigen. Notwendig, aber jedes Mal auch beunruhigend, da ich nichts beeinflussen kann. In der vietnamesischen Botschaft läuft alles wie gewünscht. In fünf Arbeitstagen werde ich mein Visa abholen können. Die Chinesen hingegen machen Schwierigkeiten. Sie fordern neben einem Rückflugticket, eine durchgehende Hotelreservierung, einen beglaubigten Bankauszug usw. an. Das kann ich nicht liefern. Verlasse die Botschaft etwas ratlos. Individualreisende sind in China wohl nicht mehr erwünscht. Falls Marie in Deutschland auch keinen Erfolg mit einem Chinavisa haben sollte (ein Pass von mir liegt noch dort), werde ich von Indien nach Vietnam fliegen. Mit Marie ist eigentlich ein Treffen im November in China geplant, dass ist jetzt fraglich. Marie möchte mich demnächst einige Monate mit dem Fahrrad begleiten. Darauf freue ich mich.

Colombo ist für einen längeren Aufenthalt keine schöne Stadt – heiß, mit viel Verkehr und der erfrischende Küstenwind fehlt im Häusermeer. Ich fahre weiter nach dem Negombo, meinem Einstiegsort in Sri Lanka.

Südliche Höhepunkte.

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Sep 072014
 

DSC09499489. Reisetag

15.499 km

 

Schon bald nach meiner morgendlichen Abfahrt besuche ich ein seltenes Naturschauspiel: ein so genanntes Blow Hole, von denen es nur sechs auf der Welt geben soll. Das Blow Hole ist eine am Ufer gelegene Felsöffnung, die durch einen Kanal mit dem Meer verbunden ist. Durch den Wellengang wird Wasser in den Kanal gedrückt. Dieses wird dann nach oben durch die Öffnung hinausgepresst: So entstehen hohe Fontänen.

Nach kurzer Weiterfahrt sehe ich bereits aus der Ferne einen großen Buddhakopf in den Himmel ragen. In einem kleinen Ort steht ein achtstöckiger Tempel aus dem Jahre 1970, ausgestattet mit der höchsten Buddhastatue Sri Lankas (50 m). Den großen Buddha kann ich von hinten durch ein mit religiösen Wandmalereien verziertes Treppenhaus besteigen.

Die umliegenden Gebäude sind mit zahlreichen bunten Figuren ausgestattet. Sie erzählen den Werdegang Buddhas. In einer großen Halle schläft, meditiert und steht er dann, wiederum in beachtlicher Größe. Drastisch sind die Figuren der Hölle. Ein Mann wird zersägt, andere schmoren im Fegefeuer. Die Anlage wirkt ein wenig heruntergekommen.

Es ist ein Tag der „Höhepunkte“. Ich erreiche den südlichsten Zipfel der Insel. Könnte ich weit genug übers Meer schauen würden die Gletscher der Antarktis vor mir liegen. An dieser Stelle, am Dondra Head, steht mit 52 m der höchste Leuchtturm der Insel, erbaut im Jahre 1889.

Ich fahre weiter an der eher felsigen Küste entlang. Das von weitem ruhig wirkende Meer braust im Uferbereich kräftig auf.
Im Ort Matara suche ich mir bereits nach 40 km eine Unterkunft. Am Nachmittag schaue ich mir eine kleine Felseninsel mit Tempel an. Eine Hängebrücke verbindet diese mit dem Land. An den vier Ecken der Tempelanlage steht jeweils ein Buddha hinter einem Vorhang in einem kleinen Raum.
Ich beobachte dort, wie zwei Krähen auf einer kleinen Säulennische ein Nest bauen wollen. Immer wenn sie abfliegen fallen die Stöckchen wieder herunter. Sie lassen sich nicht entmutigen.

Ein Musikgruppe im Stechschritt spielt mir am nächsten Morgen auf der Uferpromenade ein Abschiedsständchen. Ich fahre weiter entlang der Küste in südwestliche Richtung. In den vielen Buchten sollten sich nach Reiseführer die Surfer tummeln. Trotz hoher Wellen sehe ich keinen auf ihnen gleiten.
Viele der typischen Fischerboote mit seitlichem Ausleger liegen am Ufer. Die Fischer bieten ihren Fang zum Verkauf an. Die liegengebliebene fischige Ware wird getrocknet, darunter auch viele kleine Thunfische. Diese hätten „im Erwachsenenalter“ das Vielfache an Gewicht ergeben. Zum Glück werden die Fische mit einfachem Gerät gefangen, so dass die nächste Generation gesichert bleibt.

Ich erreiche die alte Stadt Galle. Sie war aufgrund ihrer geografischen Lage am Südwestzipfel der Insel ein bedeutender Handelsposten. Die Portugiesen ließen sich hier nieder bis sie 1640 von den Holländern 1640 verdrängt wurden. Auf den alten portugiesischen Befestigungsanlagen errichteten sie ein neues großes Fort. Ohne je eine Belagerung erlebt zu haben ging dieses 1796 per Vertrag in britischen Besitz über.
Das alte holländische Fort erhielt 1988 von der UNESCO das Siegel eines Weltkulturerbes. Es liegt auf einer Landzunge im Meer. Umgeben von einer langen hohen Mauer bildet es ein eigenes Stadtviertel, in dem sich die Touristen tummeln. Auch ich habe mich hier für zwei Tage niedergelassen.

Morgens weckt mich der Ruf des Muezzins aus der nahe liegenden Moschee einer umgebauten alten portugiesischen Kirche. Beim Frühstücken werde ich in ein Hochzeitsfoto mit eingebracht. Danach drehe ich meine Runde durch und auf der Mauer um die Stadt. Die Fort-Stadt ist ein beliebter Ausflugsort der Singhalesen, entsprechend viele Menschen sind am Wochenende anzutreffen.
In der Dutch Reformed Church aus dem Jahre 1755 ist der Boden mit alten Grabsteinen gefliest. Direkt daneben bittet die neuere anglikanische Kirche um Spenden. Eine Renovierung ist bitter nötig, denn Sträucher wachsen bereits auf dem Dach. Es gibt ein altes Stadttor und einige Museen in alten Gebäuden. In den engen Straßen versuchen auffallend viele Schmuck- und Edelsteinhändler ihre Waren zu verkaufen. Alles ist auf Tourismus getrimmt. „Normale“ Geschäfte gibt es keine. Das Besondere ist der Gang auf der langen Befestigungsmauer, auf der einen Seite das Meer, auf der anderen die Stadt.

Alles Tee und ein Küstenschnupfen.

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Sep 032014
 

DSC09373485. Reisetag

15.409 km

 

Ich fahre weiter durchs bergige Teehochland. Erst einmal 300 m nach unten und gleich wieder 500 m in die Höhe. Auf den Nebenstrecken bin ich fast alleine auf der Straße.
Trotz der vielen Plantagen sehe ich nur wenige Gruppen von Teepflückern. Die Blätter werden das ganze Jahr über gepflückt, in den tiefen Lagen häufiger als in der Höhe. Dafür ist oben die Qualität besser. Meist ist es Frauenarbeit. Ich habe aber auch Männerkolonnen bei der Pflückarbeit gesehen, nie gemischte Gruppen.

Der Versuche eine Teefabrik zu besichtigen scheitert, da ich erst in der entfernten Zentrale eine Genehmigung holen müsste. Die Fabriken sind schmucklose mehrstöckige Gebäude, in denen die Teeblätter verarbeitet werden. Zunächst werden die Blätter getrocknet, danach gewalzt um diese zu brechen. Zur Fermentation des in den Blättern vorhandenen Tannin wird der Bruch in einem feuchten und kühlen Raum ausgestreut. Der Vorgang ist nach ca. 2 Stunden beendet. Der Tee kommt noch einmal in einem Trockenofen, danach wird er gesiebt und verpackt. Fertig. Gute Qualität geht in den Export, die schlechte bleibt im Land.
Das Hochland verlasse ich an diesem Tag. Fahre nach meinen letzten doch recht steilen Anstiegen 1000 m hinunter. Damit verlasse ich die Teeanbaugebiete endgültig.

Es wird deutlich wärmer. Reisfelder und Kokos-/Bananenplantagen säumen den Weg. Noch umgibt mich eine satte grüne Landschaft.

Auf der Straße wird eine Strohpuppe mit einer brennenden Schale darauf gezogen. Dazu wird getrommelt. Etwas später komme ich an einem kleinen Hindutempel vorbei. Ich erfahre, dass an diesem Tag der Elefantengott Ganesh besonders geehrt wird. Im kleinen Ort Balangoda finde ich eine, wie sich später herausstellt, laute Unterkunft. Ein Kratzen im Hals kündigt eine Erkältung an.

Der nächste Morgen beginnt trübe. Beim Frühstücksimbiss regnet es. Er hört auf und setzt nach einer Stunde heftiger wieder ein. Habe das Glück auch beim zweiten Guss gerade vor einem Restaurant zu stehen. Trinke einen Kaffee und warte ab. Es wird trockener um mich herum. Der Reis ist geerntet, auf den Feldern suchen Kühe und Wasserbüffel ihre spärliche Nahrung. Der Küstenstreifen ist wiederum grün. Nicht von Feldern, sondern von Palmen, Bananen und anderen Bäumen.

Mein Ziel ist der kleine Fischerort Tangalle. Direkt am Strand finde ich eine schöne Unterkunft mit Fenster direkt zum Meer. Hier bleibe ich ein paar Tage, um meinen Schnupfen auszukurieren. Leider kann ich in meinem Zimmer die frische Meeresluft nicht hineinbekommen. So schwitze ich nachts innerlich durch die Erkältung und äußerlich durch die angestaute Hitze. Nach drei Tagen fühle ich mich besser.

Vor meiner Unterkunft liegt ein wunderbarer Sandstrand. An der schmalen Uferstraße steht ein Guesthaus neben dem anderen. Ab und zu gibt es einen Regenschauer. Das mag der Grund sein, dass die Touristen diesen Küstenabschnitt zur Zeit meiden. Mir ist es recht, das senkt die Preise.
Im Ort mache ich einen Rundgang durch die Markthalle. Es wird viel Gemüse angeboten, das ich in keinem Restaurant vorfinde. Schade. Die Verkäufer sitzen fast in Reihe hinter ihren Hängewaagen.
Abends fahren die Fischerboote hinaus. Am Horizont überm Meer funkeln nachts ihre Lampen zum Anlocken der Fische. Der einzige freie Tag auf den morgendlichen Fischmarkt ist nach der Vollmondnacht. Gegen ihn können die Fischer mit ihren Funzeln an Bord nicht mithalten.
In der letzten Nacht im Ort möchte ich im nahen Schutzgebiet den Meeresschildkröten beim Eierlegen zuschauen. In einer kleinen Gruppe warten wir, bis die Wärter am Strand eine landende Schildkröte melden. Die große und schwere Schildkröte bewegt sich langsam auf dem Sand Richtung Uferböschung. Kehrt aber wieder um, ohne ein Loch zu graben und mit der Eiablage zu beginnen. Das kommt oft vor, sagen die „Schutzleute“, irgendetwas ist nicht OK.
Sieben Flossenschläge und ca. 2 m wieder Richtung Wasser, dann eine Pause. Es dauert lange, bis die Schildkröte wieder in den Fluten verschwindet. Mittlerweile ist es Mitternacht. Mit dem Tuk-Tuk fahre ich zurück in meine Unterkunft.