Nov 052013
 
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Überall sehe ich in Constanta Baustellen.

183. Reisetag

7374 km

 

Die Hügel bei der Weiterfahrt am nächsten Tag sind bespickt mit Windrädern. Don Quijote hätte resigniert bei dieser Übermacht sein Schwert sinken lassen. Für mich bedeutet es Arbeit. Nicht die Windräder sondern der Wind. Sie haben ihre Rotoren gegen Süden gerichtet und ich fahre in diese Richtung. In der Landschaft keine Bäume, keine Hecke, rundherum riesige Felder. Nichts was den Wind bremsen könnte. Es ist der bisher windreichste Tag. Ich komme mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 12 km/h voran.
Der Nebel der letzten drei Tag ist durch die Sonne verdrängt. Die Radfahrtemperatur ist optimal. Die anfangs verkehrsreiche Straße verlasse ich nach wenigen Kilometern. Ich durchfahre kleine Dörfer. Herbstlaub wird verbrannt. Ich mag diesen leichten Brandgeruch in der Luft. Er erinnert mich an meine Zeit in Afrika.

Über den Feldern sehe ich in der Ferne schnell bewegende Wolken. Beim genauen Hinschauen sind es Vogelschwärme, die ihre Formationen fliegen. Die Stare sammeln sich vor ihrem Abflug.

In Rumänien werden die meisten Getränke in Plastikflaschen angeboten. Leider ohne Pfand. Überall liegen diese herum, entlang den Straßen, auf den Plätzen. In den Dörfern und Städten stehen Abfallcontainer, frei zugänglich, manchmal sogar für eine Mülltrennung. Trotzdem wird säckeweise Abfall an den Straßenrand gekippt. Schade. An diesem Tag fahre ich an Säcken mit alten Schneckengehäusen vorbei. Merkwürdig.

Am Nachmittag tauchen am Horizont die Vororte der Hafenstadt Constanta auf. Der Verkehr nimmt zu. Die Luft riecht nach Raffinerie. Nach dem Durchfahren der Industrieanlagen gelange ich auf die Landzunge Mamaia. Hier könnte das Schwarzen Meer mit einem breiten weißen Sandstrand zum Baden einladen, wenn nicht bereits November wäre. Ein Hotel reiht sich ans andere, fast alle sind geschlossen. Die Buden am Strand sind mit Spanplatten vernagelt. Ein trostloser Anblick.

Eine Unterkunft in Constanta hatte ich mir bereits (im Internet) ausgesucht, aber nicht gebucht. Diese liegt im Zentrum. Ich erhalte dort ein Zimmer. Es ist ruhig rundherum, nur das Bellen der Hunde nervt. Höre in der Ferne die Möwen schreien.

Am Sonntag bin ich einfach faul, schlafe länger und mache erste Erkundigungen.
Im 4. Jahrh. wird die (damals schon bestehende) Stadt vom Römischen Kaiser Konstantin erobert und nach dessen Schwester Constantiana benannt. Den Namen aus dieser Zeit hat sie behalten. Einige Trümmer von damals liegen noch herum. Viel mehr altes ist nicht zu sehen, ausgenommen das Anfang 1900 erbaute Kasino am Hafen. Dieser interessante Bau ist arg am Zerfallen und darf nicht betreten werden. Die EU wird wohl Geld locker machen für die Renovierung.

Vom Minarett der Moschee Carol I aus habe ich einen Überblick über Hafen und Stadt. Im Hintergrund Plattenbauten, sonst ein Gemisch aus älteren und Häusern der 50er Jahre, wenige moderne Bauten und einige Hausruinen. An der Infrastruktur wird viel gearbeitet. Neue Pflaster werden gelegt. Es gibt kaum einen Bürgersteig, der nicht aufgebrochen wurde/wird. Überall sind Fallgruben für unaufmerksame Fußgänger.

Einen Romulus und Remus habe ich in fast jeder größeren rumänischen Stadt gesehen. Meist ist die Skulptur ein Geschenk aus Italien.

Am nächsten Tag gehe ich zum türkischen Konsulat. Da ich länger als 90 Tage in der Türkei weilen möchte benötige ich ein Visa. Laut Informationen des Auswärtigen Amtes soll ein Visa möglichst vor der Einreise eingeholt werden. Im Konsulat erzählt man mir, dass ich die Verlängerung in der Türkei nach meiner Einreise beantragen soll. Nicht schlimm, so muss ich nicht einige Tage auf die Ausstellung warten. Obwohl die Stadt mich nicht besonders beeindruckt bleibe ich einen weiteren Tag. Habe eine gewisse Trägheit und Müdigkeit in mir und genieße die Vorzüge einer größeren Stadt. Es gibt sogar ein vegetarisches Restaurant, aber mit strengen Regeln. Kaffee gibt es nicht. Es wird ein Ersatzgetränk aus geröstetem Soja angeboten. Da wechsele ich lieber ins benachbarte Café.

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