Apr 042015
 

DSC06230694. Reisetag

21.752 km

 

Die Nachtruhe ist gestört. Bis zu meinen Aufbruch in der Frühe dröhnt vom anderen Mekong-Ufer (aus Thailand) lautstark Musik herüber.

Ich verlasse das Mekong-Tal und fahre einen östlichen Schlenker. Schroffe Kalkfelsen ragen aus den abgeernteten Reisfeldern in die Höhe. Sie liegen im morgendlichen Dunst. Die Straße schlängelt sich ohne nennenswerte Steigungen hindurch. Ich mache einen Abstecher zu einer nahegelegenen Höhle. Stufen führen zum Eingang hinauf. Vor ihr sitzt ein kleiner grüner Buddha. Weit hinein gehen kann ich nicht. Ich bin alleine. Es gibt keine Beleuchtung und das Licht meiner Stirnlampe ist zu schwach dafür. Außerdem geht es steil hinunter. Im tiefen Inneren sehe ich den Spiegel einer Wasserfläche. Stalaktiten hängen von der Decke.

Durch den frühen Start erreiche ich mein Ziel am späten Vormittag. Eine Guesthouse etwas abseits von einem kleinen Dorf. In der Nähe ist ein kleines Restaurant. Die Nudelsuppe ist so schlecht, dass ich am Abend dort nicht noch einmal einkehren werde. Das weitere Sortiment besteht nur aus Fleischspießchen. Meine Erdnüsse sind voller Ameisen, eine weitere Vorratshaltung habe ich mir nicht angelegt. Es gibt nichts Vernünftiges dafür zu kaufen. Die Hungergefühle halten sich in Grenzen. Den Nachmittag verbringe ich schlafend und lesend mit einem Bier im Schatten.

Der nächste Tag beginnt mit einem bissigen Anstieg. Fahre in der Früh zum Glück auf der Schattenseite. Der Schweiß tropft trotzdem. Oben in der Höhe sehe ich Menschen in ein kleines Wat gehen. Sie tragen silberne und goldene Schalen, gefüllt mit div. Essenssachen, aber auch Geldbündel schauen heraus.
Ich erinnere mich. Am Vortag war der Mond rund und schön am Himmel zu sehen. Es ist Vollmond, ein buddhistischer Feiertag. Beim Betreten legen sich die „Watgänger“ eine Schärpe um und setzten sich hinein oder davor. Es sind vor allem Frauen, junge und alte, wenige Männer sitzen getrennt von ihnen in einer Ecke. Die musikalische Begleitung läuft bis auf ein paar Trommelschläge elektronisch ab. Die Ansprache ist kurz. Oft werden die Gabenschalen gehoben, sie werden wohl gesegnet. Was den Menschen für ihre Spenden versprochen wird hat wohl erst im nächsten Leben eine Relevanz. Anschließend verteilt jeder seine Spende in unterschiedliche Spendentöpfe. Spirituelle Abzocke – so sieht es für mich aus.

Männern bestimmen hier wie fast überall die Glaubensfragen und vor allem Frauen praktizieren ihn. Das kennen wir auch von daheim.

In der Höhe durchfahre ich eine bizarre Landschaft. Auf der einen Straßenseite Urwald, auf der anderen eine ökologische Katastrophe. Baumgerippe ragen aus dem trocken gefallenen Uferbereich und Fluten eines riesigen Stausees. Gebaut wurde dieser (wohl?) von den Chinesen. Für sie zählt das Projekt. Landschaft und Menschen spielen keine Rolle. Vor der Flutung hätte das Gebiet abgeholzt werden müssen!
Laos ist ein Stromexporteur in seine Nachbarländer. Diese Position baut das Land mit diversen geplanten und bereits im Bau befindlichen Staudämmen am Mekong ohne Rücksicht auf Menschen und Ökologie weiter aus.

Den Abend verbringe ich in einer Unterkunft mit weiteren allerdings motorisierten Zweiradfahrern. Ich fahre auf einer von Lonely Planet empfohlenen Route, die den Individualtouristen ihren Weg und sogar das Nachtlager vorschlägt.

Im Morgengrauen fahre ich hügelab und -auf durch eine gespenstische Landschaft von undurchdringlichem Urwald und abgestorbenen aus den Fluten ragenden Bäumen.
Die Sonne erreicht nur den Horizont. Ihr Spiegelbild bleibt etwas länger in den Fluten erhalten, am Himmel ist sie nicht mehr zu sehen. Ein fahles Licht taucht die Landschaft in eine bedrückende Stille. Kein Gezirpe von Grillen ist zu hören, sonst mein ständiger Begleiter. Kein Vogel zwitschert. Dämme und Brücken führen meinen Weg über die verzweigten Arme des riesigen Stausees mit seinen im Nebel verschwindenden Baumgerippen. Die Fluten versuchen das noch verbleibende Grün weiter aufsaugen. Dazwischen brennt das Land.

Träume ich oder durchfahre ich das Reich Modor. Ich weiß nicht wie lange ich unterwegs bin. Nach einer unbestimmbaren Zeit stoße ich endlich auf menschliche Ansiedlungen. Sie liegen am Rande des Nebelgebirges in einer fast undurchdringlichen Staub- und Nebelschicht.

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