Mrz 222014
 

DSC03012321. Reisetag

10.655 km

 

Die Nacht ist ein wenig unruhig. Der Uhrenglockenturm der Moschee neben der Pension läutet jede Stunde. Habe es trotzdem geschafft um 7 Uhr morgens auf der Straße zu sein. Ich verlasse die Komfortzone der Küste und durchfahre in den nächsten Tagen das Taurusgebirge. Zunächst geht es über flache Hügel aus der Stadt hinaus. Ein Bauer an einem Verkaufsstand winkt mir zu und schenkt mir einige Orangen. Ich fahre ganz gemächlich nach oben. Natürlich nicht gradlinig. Immer die Schneeberge am Horizont vor Augen. Nach dem Passieren von drei Steinbrüchen wird der anfängliche Lastwagenverkehr geringer. Eine parallel verlaufende Autobahn (in der Ferne) saugt zum Glück den Überlandverkehr auf.

Kleine Ortschaften liegen an den Hängen. Obstbäume und Weinreben wachsen auf den Feldern, am Wegesrand blühen die Büsche. Der Frühling ist angekommen.
Die hohen Berge kommen näher, die Straße wird steiler. Kaum ein Auto fährt noch an mir vorbei. Nach einer letzten Kehre erreiche ich den Pass in 1370 m Höhe, dafür legte ich aber 1600 Höhenmeter zurück.

Bei der Abfahrt sehe ich ein voll bepacktes Reiserad am Wege stehen und treffe Tom aus Belgien. Er hat ein Jahr in einer Gemeinschaft auf Zypern gelebt und hat ein ähnliches Ziel wie ich, wenigstens für die nächsten Tage.
Steil geht es hinunter ins Tal auf 800 m Höhe. In der Stadt Pozanti finden wir eine Unterkunft. Teuer und schlecht, zentral zwischen Bahnschiene, breiter Straße und etwas weiter die Autobahn. Der Ort ist eine Art Knotenpunkt für die Lastkraftwagen mit Autobahnausfahrt

Ein weiterer Reisender gesellt sich zu uns. Johannes ist zu Fuß unterwegs und auf dem Heimweg. Seit Mai letzten Jahres hat er Lichtenstein verlassen und bereits 8000 km zurückgelegt (www.4kmh.com). Seine tägliche Wegstrecke liegt so zwischen 40 bis 50 km.

Wieder früh am nächsten Morgen brechen wir auf. Johannes bereits um kurz nach 6 Uhr. Tom und ich eine Stunde später. Nach dem Verlassen des Ortes geht es auf einer Nebenstrecke zunächst sehr steil nach oben. In der nächsten guten Stunde haben wir bereits fast die Hälfte der Tageshöhe geschafft. Das ist erst anstrengend. Einmal auf der Höhe ist es ein wunderschönes Radeln. Der Himmel ist blau. Wir fahren ein breites Tal hinauf. Um uns herum Schneeberge, steile Hänge, etwas weiter unten Obst- und Mandelbäume, immer wieder Weinanbau und das saftige Grün der Weizenfelder. In den kleinen Orten werden wir zum Tee eingeladen. Einfach so von der Straße weg zum Tee gewinkt.

Die vielen flatternden Wahlfahnen in den Orten erinnern mich an die Gebetsfahnen in Tibet, die auch über die Straße gespannt sind. Nur die Bedeutung ist vollkommen anders. Die Wahlkampfkulisse ist schlimm. Drei Parteien lassen lärmende Lautsprecherwagen durch die kleinen Orte fahren.
Wir treffen auf Johannes, der bereits 20 km zurückgelegt hat. Trinken einen Tee zusammen.

An so einem Tag merke ich wie schön es für mich ist unterwegs zu sein. Durch diese abwechslungsreichen Berglandschaften zu fahren ist ein besonderes Erlebnis. Die Schönheit muss ein wenig erobert werden. Der Asphalt ist streckenweise sehr rauh und holperig. Der Wind weht uns stark entgegen. Trotzdem, ein wunderschöner Tag.

Die Nacht verbringen wir in einem Camp (im Bungalow) am Rande des Aladaglar-Nationalparks, eine Hochgebirgsregion mit vielen Schneebergen. In der Unterkunft sind einige Touristen, die Bergsteigen und in der Höhe Skifahren.
Am Abend kommt sogar Johannes an, sein Tagesmarsch war 55 km und 1000 Höhenmeter.

Wir bleiben einen weiteren Tag in dieser Unterkunft. Der Morgen ist trübe und auf 1500 m Höhe kalt. Mit dem Fahrrad fahren wir ein wenig in die Berge und wandern ein Tal hoch. Es klart sich auf, am Nachmittag scheint die Sonne. Das Hochgebirge zeigt sich von seiner schönen Seite.

Am nächsten Morgen geht es wieder auf die Räder bei blauem Himmel und anfänglicher Kälte. Zunächst das Tal weiter in die Höhe bis zu einem 1720 m Pass, dann hinunter in eine Hochebene. Die Abfahrt ist angenehm, die gespeicherte Bergenergie kann ohne Bremsverluste genutzt werden. Nach 80 km suche ich im Ort Derinkuyu eine Unterkunft. Tom fährt noch ein wenig weiter. Er ist weit vor mir, so können wir uns nicht einmal verabschieden. Schade. Wünsche Tom viel Glück bei seinem Unternehmen mit viel Abenteuerlust und wenig Geld die Welt zu erobern.

Das Taurusgebirge liegt jetzt hinter mir. Trotz der 3500 gefahrenen Höhenmeter ist es ein wunderschöner Streckenabschnitt.

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