Jun 182015
 
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Der unförmige Gold-Buddha in der Mahamuni-Pagode.

769. Reisetag

23.565 km

 

Ein beständiges Klopfen höre ich beim Frühstück. Meine Unterkunft liegt im Viertel der Goldschläger. In wenig beleuchteten Holzschuppen sehe ich später die muskelösen Schläger im Lendenschurz stehen. Sie schwingen einem Hammer in rhythmischen Schlägen auf ein Lederbündel, in dem in vielen Lagen Gold und Papier geschichtet sind. Blattgold wird hergestellt, mit dem Gläubige in ganz Myanmar Statuen und Stupas überziehen. Frauen schneiden in windgeschützten Zimmern das ausgetriebene Gold zu quadratische Goldplättchen.

Beim Gang durch das Viertel sehe ich in einem Laden Fahrräder mit Scheibenbremsen stehen. Der Bremsvorgang erfolgt, wie bei meinem Rad, mit Hydrauliköl. Jemand im Laden spricht ein wenig englisch. Sie schauen im Internet nach, reparieren und mein hinteres Bremssystem funktioniert wieder. Darüber bin ich sehr froh. Sie weigern sich eine Bezahlung anzunehmen.

Am ersten Tag in Mandalay lasse ich die Stadt auf mich wirken, ohne großes Besichtigungsprogramm. Ich fahre zum breiten Irrawaddy-Fluss, die wichtigste Lebensader Myanmars. Dort liegen zahlreiche Schiffe am Ufer. Sie werden ent- und beladen. Alles mit purer Muskelkraft und auf Fahrzeuge, die vollgeladen es kaum auf die Uferstraße schaffen. Das Ufer ist gesäumt von einfachsten Unterkünften. Holzgerüste sind mit Planen bedeckt, darunter wird „gewohnt“. Gewaschen wird sich und die Wäsche im trübe dahinfließenden Fluss.
Etwas abseits vom Zentrum wird am Ufer Bambus gespalten und zu Matten verflochten. Schwimmende Bambusmattenhäuser sind am Ufer befestigt. Das Uferleben ist hart. Trotzdem sind die Menschen freundlich. Bettler gibt es nicht.

Mandalay hat eine lange Geschichte, auf die ich nicht eingehen kann. Nur Kurz, die früheren Herrscher waren reich und grausam. Für sich, vor allem aber für den buddhistischen Glauben scheuten sie keinen Aufwand und keine Quälerei. So wurden die vielen Sehenswürdigkeiten der Stadt  und des Umlandes geschaffen, die die Touristen heute bestaunen und viele davon sind den Burmesen sehr heilig.
In dem Komplex der Kuthodaw-Pagode liegt bzw. steht das größte Buch der Welt. Auf 729 Marmortafeln ist die buddhistische Lehre festgehalten. Jede dieser Tafel mit eingemeißelter Schrift steht einzeln in einer kleinen Pagode.
Unmengen weiterer Pagoden sind über die Stadt verteilt. Die Heiligste ist die Mahamuni-Pagode. Die gleichnamige Statue darinnen gehört noch heute zu den meistverehrten Figuren Myanmars. Sie ist über und über mit Blattgold verklebt und – bis auf den Kopf – nur noch unförmig. Männer dürfen sich der Statue nähern und das Gold aufkleben. Frauen ist es nicht gestattet. Manches ist halt nicht nachzuvollziehen.
Ein touristisches Spektakel ist die Mönchsfütterung in einem der größten Klöster des Landes etwas außerhalb der Stadt. Während sich Hunderte von Mönchen in Wartereihen aufstellen um sich ihre Almosenschale mit Essen auffüllen zu lassen schwirren Touristen mit ihren Kameras um sie herum. Die asiatischen Touris haben das geringste Distanzgefühl.

Ganz in der Nähe des Klosters überquere ich auf der längsten Teakholzbrücke der Welt mit 1,2 km recht holperig einen kleinen See. Es ist Nebensaison, ich bin fast alleine unterwegs. Das im Reiseführer beschriebene Gedrängel vermisse ich nicht.

Auf der Rückfahrt in die Stadt höre ich ein beständiges Rattern in vielen Häusern. Ich brauche keine Scheu zu haben, ich darf hineinschauen. Ich werde sogar hineingebeten. Drinnen arbeiten recht laut und schnell mit Keilriemen angetriebene Webstühle. Manchmal stehen sie fast in der „guten Stube“, daneben das Bett und die Küche. Wenn ich die Geschwindigkeit sehe, mit der der Faden hin und her geschossen wird, kann ich mir das Elend der Handweber mit dem Beginn der Industrialisierung vorstellen.
Auch in eine Eisengießerei kann ich problemlos hineinschauen. Hier werden kleine Gitter gegossen. Es ist heiß in der dunklen staubigen Halle.
Bronze-Buddhas werden in einer weiteren Werkstatt hergestellt. Ein Buddha wird aus Ton modelliert. Der nächste Schritt der Herstellung, die eigentliche Gussform, ist für mich nicht ersichtlich. Der bereits gegossene Buddha, noch in einem plumpen Lehmformen steckend, steht herum. Der Lehm wird abgeschlagen, der Buddha freigelegt. Die vielen Mängel nach dem Guss werden mit dem Schweißbrenner beseitigt. Nach weiterem Schleifen und Polieren erhält er den goldenen Glanz.
Die Herstellung des Marmor-Buddhas ist einfacher zu verstehen. Es ist aber eine sehr staubige Arbeit.

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