Regen und Matsch.

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Jul 062015
 
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Blockierter Weg.

787. Reisetag
24.091 km

 

Jetzt bin ich mitten drin, in der Regenzeit. Morgens früh aufgestanden um Yangon zu verlassen – es gießt. Ich warte zwei Stunden bis es weniger wird und es bleibt bis zum Nachmittag trocken. Auf vielbefahrener Straße verlasse ich die Hauptstadt. Sehr unangenehm ist das dichte Vorbeifahren der Autos und Mopeds, auch bei freier Straße. Fast alle Autos haben trotz Rechtsverkehr das Steuer auf der rechten Seite. Es sind wohl Importe aus Thailand mit Linksverkehr. Die Tagesetappe von 85 km geht durchs flache reis- und grasgrüne Land zur alten Hauptstadt Bago. Die 500 Jahre alte Pracht zeigt sich wieder in Pagoden und Buddhas. Vier ca. 30 m hohe Rücken an Rücken sitzenden Buddhas schauen in die vier Himmelsrichtungen. Es gibt einen alten 55 m langen liegenden Buddha in einer Halle und einen neuen 90 m langen im Freien. Eine Pagode ist besteigbar, aber nur Männer dürfen hinauf. Viele weitere stehen im Umfeld. Damit nicht genug. In neuerer Zeit ist die höchste Pagode des Landes mit 114 m dazu gekommen.

Die Nacht ist verregnet, am Morgen nieselt es fein. Ich durchfahre eine weite Flussebene. Auf den unter Wasser stehenden Feldern wird gearbeitet. Traktoren gibt es kaum, Ochs und Büffel ziehen die Pflüge. Männer bündeln die jungen Reissetzlinge zum Pflanzen auf den Feldern.

Anfangs fahre ich auf der Hauptstraße, dann auf Nebenstrecken. Es wird hügelig, die Teerstraße hört auf. Matschlöcher umfahre ich, später geht auch das nicht mehr. Ich muss schieben. Es gibt nur noch eine Motorradspur. Ein Auto ist hier schon lange nicht mehr gefahren. Die Temperatur steigt auf fast 40 Grad bei bedecktem Himmel. Zum Umkehren ist es bereits zu spät. Bis zum nächsten Ort sind es noch 25 km. Mühsam auf einem Hügel angekommen werde ich von freundlichen Menschen in ein Haus eingeladen. Es ist eine größere Hütte aus Bambus mit Fächerpalmenblätterdach. Ich bekomme Wasser gereicht und etwas zu essen. So langsam kommen meine Kräfte zurück.

Es fängt an zu regnen. Wie soll ich auf dem tonig-matschigen Weg vorankommen? Fahren ist nicht möglich. Ich kann nur schieben, den Berg runter und rauf. Das Rad und ich stützen uns gegenseitig um nicht auszurutschen. Es ist verdammt anstrengend. Ich halte bereits Ausschau nach einem leerstehenden Unterstand um dort die Nacht zu verbringen. Außer Kautschukplantagen ist aber nichts in dieser dünnbesiedelten Gegend. Und dann ist der Weg zu Ende. Die Brücke über einem Fluss wird erneuert. An ihr wird gearbeitet, aber ein hinüberkommen ist nicht möglich. Ein Durchqueren scheint mir bei der Wassermenge, Strömung und Breite nicht möglich. Die Jungs vom Brückenbau machen mir Mut. Ich habe keine Wahl. Sie tragen mein Gepäck, das Rad und einer nimmt mich an die Hand. Das Wasser ist tief, teilweise reicht es mir bis zum Ellenbogen, die Strömung zum Glück nicht so stark wie sie aussieht. So erreiche ich das andere Ufer. Das Hindernis ist überwunden. Der schlechte Weg bleibt. Es sind noch 15 km bis zum nächsten Ort. Nur selten kann ich radeln, muss weiter schieben. Mein Körper hat wohl ein Depot für die letzten Kräfte, denn die normalen sind längst verbraucht. Elf Stunden bin ich für die 95 km unterwegs, davon wohl 10 km schiebend. Ein unerwartet anstrengender Tag. Kaum erreiche ich meine Unterkunft fängt es eimerweise an zu Regnen. Glück gehabt.

Yangon.

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Jul 042015
 

DSC00825785. Reisetag

 

Ich stecke im Stau. Dicht an dicht stehen die Autos. Der Bürgersteig ist voller Menschen, die sich an den vielen Stände vorbeischlängeln. Ich bin im Zentrum, der Altstadt von Yangun. Wollte am ersten Tag mit dem Rad die Stadt erkunden, komme aber nicht voran.
Die Orientierung ist einfach. Die Straßen im Stadtkern sind wie ein Schachbrett angelegt und durchnummeriert. Breite Boulevards und schmale Gassen wechseln sich ab. Das Werk der Briten, die Yangun 1885 zur Hauptstadt machten. Aus der Kolonialzeit, die 1948 endete, stammen noch viele der eindrucksvollen Bauten und geben dem Stadtteil einen gewissen Flair. Wenige sind restauriert, die meisten in einem erbärmlichen Zustand. Genutzt werden sie trotzdem. Manche sind am Zerfallen – mitten im Zentrum. Dazwischen hohe alte Plattenbauten mit Balkonen voller Wäsche und wenige Neubauten.

Das Leben findet auf der Straße statt. Unmengen von gut besuchten Essständen reihen sich am Straßenrand auf. In der Marktgasse ist zwischen dem Gemüse, Fisch und Huhn, den Kunden und Verkäufern  nur ein mühsames Vorankommen möglich. Vor Regierungsgebäuden werden Formulare auf Tischen an Gehsteigen mit der Schreibmaschine ausgefüllt.

Die Geschäfte in den Gassen sind nach Branchen sortiert. Eine kleine Druckerei ist neben der anderen, daneben der Papierlieferant. Es gibt die Buchladen-, die Motorenwickler- oder die Kabelgasse u.a. Die Kunden haben es einfach.

Und überall stehen die Verkaufsstände der Betelverkäufer. Jeder zweite Mann und manche Frauen haben ständig den Mund voll. Und so sprechen sie auch. Rot verfärbte Stummel in sichtlich angegriffenem Zahnfleisch, dazwischen schwärzlich-rote Brocken – das Lächeln eines Betelkauers. Das sieht nicht schön aus. Dazu kommen blutrote Flecken auf Straßen und Gehsteigen, als wäre alle paar Meter ein Schwein geschlachtet. Betelflecke, denn Betel regt den Speichelfluss an und der muss irgendwo hin entsorgt werde. Und wenn so ein/e BetelkauerIn mir eine Ananas schneidet verzehre ich sie nur mit reduzierten Appetit.

Nicht weit vom Stadtkern entfernt, auf einem Hügel, ragt die Swedagon-Pagode mit ihrer goldenen Kuppel 100 m in die Höhe. Sie ist das Symbol des Landes und Pilgerstätte für Buddhisten.
Über einen der vier überdachten Aufgänge betrete ich die Plattform, in deren Mitte die Stupa steht. Als Tourist hat man immer einen Obolus zu entrichten. Gleichzeitig erhalte ich einen Leih-Longyi. Meine gerade bis zum Knie reichende Hose entspricht nicht der Würde der Stätte.

Am Fuße der großen Stupa stehen die kleinen, es gibt offene Gebetshallen und Räume voller Buddhas. Es ist ein riesiges Areal voller heiliger Buddha-Bauten und -Figuren.
Es herrscht reger Betrieb auf der Plattform. Gläubige sitzen im Gebet versunken vor einer Statue. Manche haben vor sich Kerzen und Blumen aufgestellt. Andere übergießen einen Buddha mit Wasser.

Viele sitzen herum und schauen. Familien halten ihr Picknick ab, Liebespaare schauen zusammen auf ihre Handys und manche halten ein Schläfchen. Auch ich setzte mich in eine Ecke und schaue dem Leben zu. Unterhalte mich bruchstückhaft mit einem Mönch, der sich in Englisch übt. Er ist hergekommen um sich einige heilige Schriften zu besorgen. Diese zu studieren ist seine Arbeit. Das Mönchsleben ist einfach. Morgens ab 5 Uhr wird meditiert, danach gibt es essen, dann Meditation und um 11.30 Uhr das letzte Mahl am Tag. Danach Mittagsruhe und wieder Meditieren oder die heiligen Schriften wälzen.

Mit Frauen dürfen sich die Mönche unterhalten, nur berühren ist nicht erlaubt. Er hat zwar ein Moped. Aber ein Mönch darf nur mit Fahrer Moped- oder Autofahren. Alkohol und Zigaretten sind nicht erlaubt. Betelkauen (so wie ich in verstanden habe) auch nicht. Habe aber viele Mönche mit ihren typischen Betelzähnen gesehen.

Mt. Popa und lange Zugfahrt.

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Jun 302015
 

DSC00476781. Reisetag

600 km Zugfahrt 

 

Der heftige Südwind ändert meine Reiseroute. Ich buche einen Ausflug zum 50 km entfernten heiligen Mount Popa mit dem Auto und werde Bagan mit der Eisenbahn verlassen. Ursprünglich wollte ich den Zug eine Station später besteigen.

Mit sieben weiteren Langnasen durchfahre ich die trockene Landschaft von Oberbirma. Erdnussfelder und die genügsame Palmyrapalme prägen die Landschaft. Letztere sind eine recht nützliche Palmsorte. Der Kern der Früchte ist essbar. Die Palme wird angezapft und der süße Saft kann zu Palmzucker, Palmwein und Palmschnaps verarbeitet werden. Oben in den Kronen der Palmen hängen die Tontöpfe, in denen der Saft aufgefangen wird. Aus den Fächerzweigen werden Korbwaren geflochten und sie dienen der Dachbedeckung. Bei einem Stopp wird uns die Verarbeitung gezeigt.

Wir nähern uns dem heiligen Berg Popa, einst ein Vulkan, der 1500 m in die Höhe ragt. Wir begnügen uns mit dem Besteigen des seitlich gelegenen Nebenhügels. Dieser steile Vulkankegel ist ein wichtiger birmanischer Wallfahrtsort für die Verehrung der Nat-Götter, der Götter vor dem Buddhismus und immer noch aktuell. Neben Buddha sind sie mit in den Reigen aufgenommen.

Über 777 Stufen geht es, meist überdacht, nach oben. Natürlich barfuß, denn der Ort ist heilig. Die Stufen werden dauernd gewischt, sind nass, rutschig und trotzdem oft noch von den vielen Affen vollgeschissen. Weshalb verbietet man nicht das Affenfutterverkaufen. Die rasante Vermehrung dieser Tiere wäre gestoppt? Oder wäre das unbuddhistisch?

Die Gipfeltempel sind mit den Gestalten der Nats bestückt, natürlich neben den Buddhas. Die erwartete Weitsicht oben ist durch aufkommende Wolken und Regen getrübt. Mir wird es sogar durch Wind und Nässe kalt und ich beginne bald den Abstieg.

Unten im Pilgerdorf kommt unsere kleine Reisegruppe zum Curryessen zusammen. Da merke ich wieder, wie anregend es in einer Gruppe sein kann. Unterhaltung bin ich als Solo-Reisender gar nicht mehr gewöhnt.

Am nächsten Tag schlägt die Sonne beim wolkenlosen Himmel nochmals kräftig zu. Wo bleibt der Regen in der Regenzeit? Nassgeschwitzt erreiche ich am späten Nachmittag den Bahnhof. Vor der Zugabfahrt bestelle ich am Bahnsteig ein Nudelgericht. Um Soße und Gewürze gut zu verteilen wird es mit der Hand kräftig durchgemischt. Solch ein Anblick meiner Essenszubereitung verunsichert mich immer wieder. Bisher habe ich Glück gehabt und den Magen nie ernsthaft verdorben. So lasse ich es mir schmecken.

Im Zug sitze ich im 4er Sleeper-Abteil die ersten zwei Stunden alleine. Es ist laut, beim Geklapper der Waggons denke ich an Ohropax. Die Beine kann ich nicht übereinanderschlagen, sie schaukeln sich hoch. Manchmal schwankt es wie auf einem Schiff, dann wieder ein Hoppeln wie auf einem galoppierenden Pferd.
Die Landschaft mit Palmyrapalmen und Erdnussfeldern darunter zieht mit 25 km/h an mir vorbei. Wenn es gar zu trocken wird wachsen nur noch Dornenbüsche. In der Ferne sehe ich eine Hügelkette.
Beim nächsten Halt besorge ich mir auf dem Bahnsteig zwei Dosen kaltes Bier. Zwei Mönche besteigen mein Abteil. Mein bestelltes Essen – Reis mit Gemüse – wird gebracht.
Es ist ein angenehmes Reisen, so ganz ohne Anstrengung. Dabei ein kühles Bier trinken und hinauszuschauen. Mein E-Book packe ich gar nicht erst aus, ich genieße lieber die Fahrt.
Es wird langsam dunkel. Ich ziehe die Sitze zusammen und schaue im Liegen auf die vorbeiziehenden Baumwipfel und den fast runden von Schäfchenwolken umgebenen Mond. Und schlafe trotz rütteln und schütteln ein.

Beim Aufwachen in der Frühe hat sich draußen alles verändert. Der Himmel ist Wolken verhangen, die Landschaft flach und grün. Reisfelder über Reisfelder. Die Bauern pflügen bereits mit dem Büffel- oder Ochsengespann. Die jungen Reissetzlinge stehen gebündelt auf den bewässerten Feldern. Das Pflanzen ist Frauenarbeit.
Am Bahndamm nahe und in den Ortschaften stehen ärmliche Hütten aus Bambusmatten. Rundherum oft Wasserlachen. Die Regenzeit bringt in dieser Region viel Niederschlag.
Nach 20 h Zugfahrt für ca. 600 km nähern wir uns der Hauptstadt Yangon. Die Stopps werden häufiger, die Bahnsteige belebte.

Trotz interessanter Fahrt bin ich froh das Ziel zu erreichen. Beim Verlassen des Zuges schwanke ich wie nach einer langen Schiffspassage.

Pagodenwelt von Bagan.

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Jun 272015
 

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778. Reisetag

23.911 km

 

Mit dem Boot über den Chindwin-Fluss verlasse ich Monywa in der Früh. Auf kleinen verkehrsarmen Straßen fahre ich durch eine karge und sandige, savannenähnliche Landschaft. Bewachsen von Palmyrapalmen und dornigen Büschen. Zwischendurch zieht eine Schafs- oder Ziegenherde vorbei. Bauern pflügen mit ihren Ochsengespannen den trockenen Boden. Sobald Wasser verfügbar ist, in der Nähe von Kanälen und Flüssen, erscheint das saftige Grün der Reisfelder.

Es ist kurz vor der Regenzeit. Morgens ist der Himmel bedeckt. Manchmal fallen sogar einige Tropfen. Um die Mittagszeit schafft die Sonne den Durchbruch und die Temperatur steigt deutlich über 40 Grad an. Mein großes Problem ist diesmal nicht die Hitze, sondern der stürmische Gegenwind, den in der fast nur mit Büschen bewachsenen Ebene nichts bremst. Anfangs nehme ich ihn gelassen hin, bald aber schon muss ich kämpfen. Nach 8 h Fahrt und gerade mal 95 km Strecke lass ich mich die letzten 15 km von einem Auto mitnehmen. Genug der Quäl-Dich-Etappe. In Pakokku finde ich eine einfache Unterkunft direkt am Irrawaddy Fluss. Bei geöffnetem Fenster und Zimmertür zieht der Sturm auch durch mein Zimmer und vertreibt die stickige Luft. Der Ventilator funktioniert wegen Stromausfall nicht.

Der starke Südwind bläst beständig. Er gehört wohl in diese Jahreszeit. Die 35 km bis Bagan am nächsten Tag schaffe ich gegen ihn.

Bagan ist ein Ort, den jeder Myanmarreisende besuchen wird. Entsprechend viele Hotels und Restaurants sind vorhanden. Zum Glück sind in der Nebensaison nur wenige Touristen unterwegs.
Das riesige Areal mit Tausenden von Tempel erinnert mich an meinen Besuch in Angkor in Kambodscha. Nur es ist wieder völlig anders.

Die heiligen Bauten haben div. Könige zwischen 1050 und 1300 errichten lassen, dabei aber ihr Reich so geschwächt, dass sie dem Sturm der Mongolen nicht standhalten konnten. Damit war das Ende Bagans als Königsstadt besiegelt.
Über 2000 Tempel sind geblieben. Der Zahn der Zeit, Plünderungen und Erdbeben sind nicht spurlos an ihnen vorüber gegangen. Vor ca. 35 Jahren hatte ich diese Stätte schon einmal besucht. Es war ein verwildertes Gelände mit baufälligen Tempeln auf denen ich herumklettern konnte. Heute sind die Tempel restauriert, meist auf burmesische Art. Es wurde wenig Wert auf den ursprünglichen Zustand gelegt. Man passte sie dem heutigen Tempelgebrauch an. Sehr zum Verdruss der UNESCO, die Bagan deshalb das Siegel Weltkulturerbe verweigerte. Für die Burmesen sind die alten Tempel immer noch heilige Stätten. Die Buddhas darin werden gepflegt, mit Gold versehen und angebetet.

Mit dem Rad starte ich morgens meine Tempelroute. Ich habe Glück, Wolken halten mir die Sonne vom Leib, wenigstens bis zum späten Vormittag. Ich habe keinen besonderen Plan, lasse mich spontan durch die Bauten inspirieren.
Ich besuche den heiligsten, den höchsten, den massivsten Tempel, den mit der goldensten Kuppel und viele weitere. Bis es mir im Kopf schwirrt und ich nichts mehr aufnehmen kann.

Eine Wolkenschicht hat die Sonne bereits am Nachmittag geschluckt. So muss ich nicht auf einer Tempelhöhe den angeblich spektakulären Untergang abwarten. Nebenbei bin ich fast 40 km durch das Tempelgelände geradelt. Bin durstig und benötige mein abendliches Bier.