Mai 122017
 

Ausläufer des Hume-Stausees im Morgennebel.

212. Reisetag

4258 km

 

In den Höhen der Snow-Mountains entspring der Murray-River, mit 2400 Kilometer der längste Fluss Australiens. Ihn möchte ich für den nächsten Monat auf seinem Weg zum Meer begleiten. Nicht ganz von seiner Quelle, dort ist es zu kalt und unwegsam, sondern am Fuße der Snow Mountains. Von Melbourne sind es ca. 350 Kilometer bis dorthin. 

Die Großstadt wollte ich mit dem Zug verlassen. Der fährt leider nicht, es werden Busse eingesetzt. Ohne Diskussion wird mein Rad im Gepäckfach verstaut – ich bin erleichtert. 150 Kilometer später, im Ort Wangaratta steige ich aus.

Nach einem regnerischen Abschied in Melbourne trübt am nächsten Morgen kein Wölkchen den Himmel. Einfach schön sich aufs Rad zu setzten. Abseits der Straße auf einem Rail-Trail durchfahre ich das Land. Anfangs flach durch Farmland, dann mit Eisenbahnsteigung gemächlich in die Höhe – durch Gum-Tree-Wälder und Buschland. Im kleinen Ort Bleechworth ist Endstation der damaligen Eisenbahn und für mich (an diesem Tag).

Im Goldrauch Mitte des 19. Jahrhundert erlebte Bleechworth seinen wirtschaftlichen Höhepunkt. Heute werden die Relikte vermarktet. Aus alten Steinhäusern wurden kleine Museen, dem Gefängnis wurde ein „berühmter“ Bandit zugeordnet, dessen Lebenslauf ausführlich beschrieben wird, die Ruinen eines der ältesten Krankenhäuser des Landes wurden aufwändig restauriert u.a.. Geschichte hin oder her. Ich möchte vor allem die kleine Brauerei mit Bierprobe und Pizzaofen vor Ladenschluss (in der Winterzeit 3 Uhr nachmittags) aufsuchen. Zehn verschiedene Sorten werden gebraut und manche schmecken hervorragend. Kein Vergleich zum deutschen „Einheitsbiergeschmack“. Beim Pizzaboden hingegen wären Verbesserungen durchaus angebracht. Die Nacht verbringe ich in einem ehemaligen Kloster in einer Einzelzelle – mit weichem Bett und E-Heizung.

Das schöne Wetter hält den nächsten Tag an. Die längere Strecke bin ich auf der Straße unterwegs, bei mäßigem Verkehr. Sehr angenehm, die rückläufigen Tierleichen am Rande – das war schlimm in Tasmanien.

Unten im Tal habe ich das Glück wieder auf einem Rail-Trail zu stoßen. Die alte Eisenbahnstrecke verläuft entlang des Hume-Stausees und später in die Berge. Ich bin am Murray-River angekommen, der den zweiarmigen Stausee füllt. Mein Einstiegs- bzw. Treffpunkt mit dem Fluss ist es noch nicht. Diesen erreiche ich erst am übernächsten Tag und er liegt auf der anderen Seite eines 800 Meter hohen Gebirgszuges. Ich genieße am Nachmittag die Fahrt auf bestem Trail mit Blick auf den See und abgestorbenen Baumgerippen darin. Am nächsten Morgen wirken diese bei tief hängenden Wolken fast gespenstisch. Der Stauseearm läuft aus. Es geht in die Berge. Der anfangs gut ausgebaute Trail wird zum holprigen Feldweg und endet an einer fehlenden Brücke. Steil fahre ich auf normaler Straße nach oben. Erfreulicherweise ist auf halber Höhe der Trail wieder befahrbar, mit kleinen Umwegen an maroden Brücken.

Die Sonne hat die Wolken mittlerweile vertrieben. Ich habe eine traumhafte Sicht ins Tal, fahre durch wilden Gum-Tree-Wald und die mäßige Steigung strengt nicht an. Die Nacht verbringe ich in einem Pub-Hotel in einem Kleinstdorf auf fast 800 Meter Höhe. Zum Glück ist es geöffnet, denn mit schwindener Sonne wird es bitterkalt. Ich bin der einzige Gast, auch an der Bar.

Nach kurzer Fahrt am nächsten Morgen erreiche ich den höchsten Punkt und auch das Ende des Eisenbahntrails. Hinunter ins Murray-Rivertal geht’s auf normaler Straße, leider auf dem steilsten Abschnitt auf Schotter mit viel Staub, wenn mir ein Log-Track entgegenkommt.

Im 100-Seelen-Dorf Walwa erreiche ich den Murray. Er ist ein schnellfließender leicht trüber Fluss mit geschätzter 20 Meter Breite. Ich bin gespannt wie er und sein Umfeld sich auf dem langen Weg zum Meer entwickeln werden.

Die Dorfkneipe bietet Zimmer an, günstig und minimal. Es ist Freitag, am Abend Ausgehtag für Mann und Frau. In getrennten Grüppchen sitzen sie im vollen Schankraum. Die Männer beim Bier, die Frauen bei Wein, Cola und Wasser.

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