Thomas Kipp

Gunung Rinjani.

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Okt 102017
 

364. Reisetag

8398 km

 

Indonesien liegt an der Nahtstelle aufeinander stoßender tektonischer Platten. Als Folge des Abtauchens der Pazifischen Platte unter die Indisch-Australische und Eurasische Kontinentalplatte ist ein vulkanisch höchst aktiver Bereich entstanden. Die Vulkane des indonesischen Inselbogens, gehören zum zirkumpazifischen „Ring of Fire“. Einer von ihnen ist der Rinjani. Sein heftiger Ausbruch Mitte des 13. Jahrh. schwächte die Strahlung der Sonne dermaßen, dass in Europa eine kleine Eiszeit anbrach. Die letzte Eruption ereignete sich im Sept. 2016. 

Die Besteigung dieses Vulkans beginnt für mich nach dem Frühstück. „Green Rinjani“ holt mich in der Unterkunft ab und fährt uns, mein Guide Lim und zwei Träger fürs Gepäck zum Startpunkt auf ca. 1000 m Höhe im Ausgangsort Sembulan. Die Last der zwei Träger ist schwer, Zelte, Schlafsäcke, Essen und vor allem Wasser für die nächsten vier Tage. Ich bin „alleine“ mit meinen Begleitern und ca. 50 weitere Gruppen an diesem Tag. Das ist nicht gewollt, nur die meisten buchten eine 3-Tage-Tour. Da ich genügend Zeit habe wählte ich die 4-Tage-Variante.

Durch fast baumlose Graslandschaft geht es mit mäßiger Steigung nach oben. Den Rinjani bei klarem Himmel vor Augen. Eine längere Rast erfolgt in 1800 m Höhe. Nicht nur wir, alle Gruppen legen an diesem Punkt einen Stopp ein. Lim bereitet für mich ein dreigängiges Mittagessen: Kürbissuppe, Reis mit Gemüse nebst Ei, danach ein Obstteller und Kaffee. Ausgesprochen lecker. 

Nach der Mittagspause wird der Anstieg deutlich steiler. Aufziehende Wolken verdrängen die Sonne. Außen wird es zwar kühler, wegen der erhöhten Anstrengung schwitze ich trotzdem.
800 Höhenmeter lege ich in den nächsten drei Stunden bis zum Kraterrand, dem Übernachtungsplatz. zurück. Weitsicht gibt es nicht mehr, das Umfeld liegt in den Wolken. 

Die Nahsicht ist jedoch erschreckend. Schlimmer noch als bei ersten Rastplatz, jede Menge Müll, Plastikflaschen, Toilettenpapier, dazu der Gestank vom qualmenden Abfallhaufen. Ein Großteil der Tourenanbieter lässt den produzierten Müll einfach zurück.
Mit Lim, meinen Guide, suche ich einen möglichst ebenen Platz. Das Zelt wird aufgebaut, zusätzlich ein Toilettensichtschutz, in dessen Mitte ein Loch in den Boden gegraben wird.
Ich erhalte mein Abendessen. Alles ist bestens organisiert. Ich muss nur Laufen.

Die Wolken verziehen sich zum Abend hin – der Vorhang ist aufgezogenen. Unter mir liegt der Kratersee und in der Höhe sehe ich die Spitze des Berges. Beeindruckender kann sich die Natur kaum zeigen. Nur das nahe Umfeld muss ich dabei ausschließen.

Die Nacht ist unruhig und kurz. Etwa in der Mitte grollt der Donner, ein Gewitter zieht über uns hinweg. Danach fängt es an zu regnen. Bereits um zwei Uhr morgens stehe ich auf, um den Sonnenaufgang auf dem Rinjani erleben zu können. Noch trennen mich vom 3729 m hohen Gipfel 1100 Höhenmeter. Nach einem kurzen Frühstück, warm eingepackt und mit Stirnlampe mache ich mich mit meinen Guide auf den Weg. Die ersten zwei Stunden sind anstrengend aber noch gut zu laufen. Ich dachte bereits mühevoller als die letzten Kilometer mit dem Fahrrad hinauf nach Senaru wird es nicht. Falsch! Die letzten 300 Höhenmeter auf nur 0,5 Kilometer Wegstrecke haben es in sich. Der Tritt trifft nicht mehr auf festen Boden, nur Vulkangeröll, viel Staub und enorme Steigung. Zwei Schritte nach vorne, einer rutscht zurück. Zusätzlich raubt mir die dünner werdende Luft den Atem. Immer wieder muss ich Pausen einlegen.

Die ersten Sonnenstrahlen beleuchten gerade den Gipfel als ich ihn erreiche. Ich bestaune das Umfeld und bin glücklich. Mir kullern einige Tränen – aus Anstrengung und Freude hier zu sein. Verschämt wische ich sie weg. Unter mir der Kratersee mit seinen umgebenden Bergen. Der Schatten des Rimjani über allem. Die Menschen um mich herum blende ich aus, konzentriere mich auf die Welt unter mir.

Nach einer Stunde in der Höhe beginnt mein Abstieg. Ich rutsche hinab und muss die Geschwindigkeit bremsen, um nicht ins Laufen bzw. dann Hinzufallen zu kommen. Das geht in die Knie. Die Landschaft kann ich weiter bestaunen. Immer wieder habe ich die Möglichkeit auf den Kratersee hinunterzuschauen. Unten gibt es einen kleinen rauchenden Vulkan. Noch im letzten Jahr ist es zur Eruption gekommen. Die in der Nähe weilenden Touristen wurden schleunigst evakuiert. Keiner kam zu Schaden.

Wie so oft an diesem Berg. Morgens herrscht klare Sicht, dann ziehen Wolken auf. An diesem Tag mit viel Regen. Ich verziehe mich ins Zelt und bin froh genügend Zeit zu haben. Bei der 3-Tages-Tour müsste ich bei diesem Wetter die 600 m hinunter zum Kratersee steigen und auf der anderen Seite wieder hinauf. Mein Abstieg erfolgt erst nach Regenstopp am Nachmittag. Der Pfad führt steil und mit Kletterei hinunter zum Kratersee. Unten nächtigen wir. 

Am nächsten Morgen wieder schönstes Wetter. In den nahen heißen Quellen wasche ich den Staub der letzten Tage ab und entspanne ein wenig. 

An diesem Tag erfolgt nur ein kurzer steiler Aufstieg hinauf zum Kraterrand (andere Stelle). Da wir früh ankommen zelten wir an einem Platz mit Fernsicht. Gute Plätze sind bei der Vielzahl der Besucher rar. Kaum sind wir angekommen fängt der Regen an, mit Unterbrechungen bis zum Abend.
Am Morgen habe ich noch einmal eine freie Sicht auf den Kratersee mit Gipfel des Rinjani und aufs Meer mit den Gili-Inseln und weit dahinter der Vulkan Agung auf Bali.

Wir starten früh mit dem Abstieg um trocken hinunter zu gelangen. 2000 m bergab, erst steinig und steil, dann deutlich angenehmer durch den Wald.
Um die Mittagszeit erreiche wir den Ort Senaru. Ich suche mir eine Unterkunft und bleibe den nächsten Tag. Ich und meine Kleidung bedürfen einer gründlichen Wäsche.

Entlang der Küste.

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Okt 052017
 

359. Reisetag

8398 km

 

Die Insel- und damit verbunden die Vulkanumrundung erfolgt entlang der Küste. Im Bereich der Mündungsauen von Flüssen ist die Landschaft angenehm flach. Ich durchfahre Reisfelder, Kokoshaine und kleine Dörfer. Wunderschön. Nur leider sind die Flusstäler umsäumt von Bergketten, deren Ausläufer ins Meer reichen. Hinunterkommen in so eine Bucht ist einfach, das hinaufklimmen anstrengend. Für die steilsten Passagen reichen meine Tretkräfte nicht aus. Ich schiebe, aber auch das ist bei der Hitze Schwerarbeit. 

Meine Tagesstrecken betragen um die 60 Kilometer. Sie sind abhängig von den nächsten Übernachtungsmöglichkeiten. Wegen der hohen Temperaturen starte ich den Tag mit der Sonne. 

Die nächste Unterkunft ist ein unerwartet gutes Hotel direkt an der Küste, gebucht im Internet. Alles ist stimmig, ich bleibe zwei weitere Tage. Sitze faul am Strand und schaue aufs Meer. Am Abend, wenn die Wolken es zulassen, zeichnet die untergehende Sonne die Umrisses des zur Zeit unruhigen Vulkans Agung auf Bali ab. Das ist Urlaub ohne Programm. Ich genieße ihn.

Die Weiterfahrt bringt mich näher an den Vulkan Rinjani heran, auch in der Höhe. Die ersten 40 Kilometer problemlos mit nur wenigen Steigungen auf der Küstenstraße. Die letzten 8 zeigen mir mal wieder meine Grenzen. 500 Höhenmeter muss ich bewältigen, das Tachothermometer zeigt 35 Grad, es ist schwül. Ein Druck baut sich im Kopf auf. Ein mir bisher unbekanntes Gefühl. Nach einer längeren Pause verschwindet dieser zum Glück wieder und taucht auch trotz weiterer Anstrengung nicht mehr auf.

Ich fahre hoch in das Dorf Senaru, die Basisstation für die Ersteigung des Vulkans Rinjani (3726 m). Neben dem Entspannen an der Küste gehört das Erklimmen des Vulkans zu den beliebten Touristenaktivitäten auf Lombok. Entsprechend ist der Ort gut ausgestattet mit Unterkünften und Trekking-Unternehmen. Die Bergtour wird fast nur organisiert unternommen, da Ausrüstung und Transport individuell schwierig zu bewerkstelligen sind.

Im Internet erkundigte ich mich bereits über diverse Unternehmen. Wegen gute Kritiken und Hinweis auf Mitnahme sämtlichen Mülls entscheide ich mich für „Green Rinjani“. Deren Niederlassung passiere ich bei der Unterkunftssuche und hole weitere Informationen für die Besteigung ein. Ich wähle die 4-Tage-Variante. Sie lässt mir mehr Zeit am Berg und ist weniger anstrengend. 

Bevor der Berg ruft lege ich einen Pausentag ein, an dem ich das Umfeld von Senaru mit zwei schönen Wasserfällen erkundige.

Landpartie.

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Sep 302017
 

Hinterm Reisfeld übernachte ich in eine der Bambushütten.

354. Reisetag

8284 km

 

Die Landschaft der Insel Lombok ist geprägt durch den 3.726 Meter hohen Vulkan Rinjani, dem zweithöchsten in Indonesien. Einen Abstecher mache ich zu seiner südliche Flanke, um dem ländlichen Leben ein wenig näher zu sein.

Die Unterkunft recherchiere ich im Internet. Abseits von Stränden und größeren Orte sind diese rar. Sie liegt in ca. 45 km Entfernung und 400 m Höhe am Randes der Rinjani Nationalparks.

Genussvoll wird die Fahrt erst nach dem Verlassen der Hauptstadt und -straße. Auf den Nebenstrecken bin ich mitten im Landleben. In kleine Orten mit großen Moscheen, fahre zwischen Reis-, Mais- und Gemüsefelder auf guten Straßen und holperigen Wegen, bei denen ich bange habe, dass sie unversehens enden. Immer wieder wird mir unterwegs zugerufen: „Where do you go?“ Den Namen meines Ziels weiß ich natürlich nicht. Ist, wenn überhaupt, nur ein Kleinstdorf. Und wohin mich mein (Lebens-)Weg noch führen wird weiß ich noch weniger.

Die ausgesuchte Unterkunft liegt inmitten von Reisfeldern und Fischteichen. An einem Tisch sitzen einige Jungs. Ich versuche eine Unterhaltung auf Indonesisch, Englisch sprechen sie nicht. Alter, Name und woher klappt bereits. Ich bestelle einen „kopi tampa gula dan susu“ (Kaffee ohne Zucker und Milch). Neben einigen Bambushütten zur Übernachtung ist es auch ein Restaurant. 

Am Nachmittag erschallt Trommel- und Schellenmusik. Ich werde gefragt ob ich die traditionelle Musik life erleben möchte. Ein Junge wird abgeordnet mich auf seinem Motorrad dort hin zu bringen. Zwei Musikgruppen begleiten mit Trommeln und Schellen im Nachbardorf einen Hochzeitsumzug. Die Teilnehmer des Umzuges sind festlich gekleidet. Die Braut scheint ein wenig überfordert zu sein. Freudig wirkt sie nicht. Den Bräutigam habe ich nicht ausfindig machen können.

Ich bin zwar mitten in der Natur, kaum Mücken, die mich piesacken und die Temperatur stimmt. Ohne Fan ist es in meiner Hütte auszuhalten. Ruhe finde ich trotzdem nicht. Die halbe Nacht konzertieren die Frösche im Reisfeld und in der morgendlichen Nacht startet ausdauernd der Muezzin. Kräftig in die Höhe radele ich an diesem Tag, in den den Rinjani umgebenden Nationalpark, in diesem Bereich mit vielen Wasserfällen. Ich werde am Eingang des Parks von einem Guide mit einer so angenehmen ruhigen Stimme angesprochen, das ich einwillige. Normalerweise bin ich lieber alleine unterwegs. Ohne ihn hätte ich auch nicht alle Wasserfälle gefunden. Ein Fall von den fünf gesehenen ist etwas besonderes. Direkt aus einer Quellschicht stürzt das Wasser in die Tiefe, kein Fluss, der in speist. Der Nationalpark ist nicht der Natur überlassen. Er ist Regierungsland, die Familien der umliegenden Dörfern dürfen jeweils Teilflächen kultivieren. Sie pflanzen Bananenstauden und Kaffeesträucher, die eine gewisse Höhe benötigen. Vereinzelt stehen Kakaobäume.

Nach unserem Rundgang lädt mich mein Guide zu sich nach Hause ein. Es gibt etwas zu essen und der Muezzin ruft. Ich sitze plötzlich alleine da, mein Guide und dessen Vater ziehen sich schnell um und verschwinden zur nahen Moschee. Nach ca. 20 Minuten kommen sie wieder und wir trinken Kaffee zusammen. Mein Guide erklärt mit die wichtigste Sportart der Insel – Gangsing. Ein Kreisel wird mittels Seil zum Drehen gebracht. Anschließend wird dieser von anderen Kreiseln getroffen. So ganz habe ich nicht verstanden wie daraus ein Mannschaftsspiel wird. Was bei uns der Fußball, ist hier das Gangsing-Spiel.

Am nächsten Tag beende ich meinen Abstecher ins Landesinnere und fahre zurück an die Küste. Eine einfache Fahrt. Es geht bergab – ich lasse es rollen.

Auf Lombok angekommen.

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Sep 272017
 

Belebte Straße am Markt.

351. Reisetag

8153 km

 

Trotz Trockenzeit, am Morgen hängen die Wolken tief und es regnet kräftig. Der erste Regenguss seit Monaten, anfangs ein erfrischendes Gefühl, aber schon bald wird’s schwül. Nach dem Morgenkaffee bin ich durchgeschwitzt. An diesem Tag beginne ich mit dem Inselhopping zur Nachbarinsel Lombok. Einen festen Fahrplan hat die Autofähre nicht, aber es fahren diverse am Tag. Am Anleger seht eine lange Schlange vollbeladenen Lkws. Nur eine kleine Anzahl findet auf der nächsten Fähre seinen Platz. Der Gütertransport über die vielen Inseln ist aufwändig.
Die Fahrt dauert ca. fünf Stunden. Zusätzlich warten wir eine weitere im Hafen bis der Fähranleger frei wird. 

Eine lange Weiterfahrt steht nicht an. Am Vortag buchte ich im Internet die einzige Unterkunft in der Nähe des Anlegers. Der Name „Sunset Hideaway“ deutet bereits an, dass sie schwer zu finden ist. Auf einer Landzunge am Ende eines Sandweges direkt an der Küste nächtige ich in einer kleinen Bambushütte mit Freiluftbad. Am Abend erhalte ich einen gebratenen Fisch und am Morgen den inseltypischen Kopi Lombok. Es ist eine ruhige Unterkunft, wenn der Muezzin nicht wäre. Auf Bali gibt es bereits viele Hindutempel, auf Lombok aber noch deutlich mehr Moscheen. 

Die morgendliche Fahrt erfolgt zunächst entlang eines Flusses umgeben von Mangroven, danach tauche ich auf schmalen Straßen in ein ländliches Lombok ein. Auf den Feldern wird Reis gepflanzt, Bauern treiben ihre Kühe auf der Straße, mit Hand wird die Tonmischung in einfachen Schablonen in Ziegelform gebracht und nach dem Trocknen gebrannt. Jedes noch so kleine Dorf hat seine Moschee, ein meist schmucker großer Bau.

Nahe dem kommerziellen Zentrum der Insel in der alten Hafenstadt Ampenan suche ich mir eine passable Unterkunft und bleibe zwei Tage. Ich beobachte gerne das Leben in den Städten, in denen viel improvisiert werden muss um das Leben zu meistern. Nicht das gut organisierte aber langweilige wie in Australien oder Neuseeland.
Ziellos durch die Straßen und schmalen Gassen schlendern, in den kleinen Restaurants essen, einen Kaffee trinken, den Straßenhändlern zuzuschauen und natürlich die Märkte erkunden. An statt mit Taxis kutschieren kleinen Pferdefuhrwerken die Menschen. Rund um die alte Markthalle herrscht reger Betrieb. In den Seitenstraßen ist wenig los. Viele Häuser scheinen unbewohnt zu sein.