Mai 182014
 

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378. Reisetag

12.703 km

 

Ich bin mitten drin im Hochland. Pendele zwischen 1700 und 2100 m hoch und runter. Grüne Weizenfelder und gepflügte Äcker wechseln sich ab. Dazwischen immer wieder kahle Hänge. Ab und zu ein Traktor, der pflügt, aber kaum Dörfer oder Bauernhöfe.
Für meine Pausen finde ich keine Schattenplätze. Setze mich am Straßenrand auf einen Stein. Wenige Bäume, manchmal Weinreben wachsen unten in den Tälern.

Nach dem Start am Morgen in Tekab ziehen hinter mir dunkle Wolken auf. Ich höre Donnergrollen, einige Tropfen Regen fallen. Habe Glück, der Gegenwind hält das Gewitter zurück. Es ist deutlich kühler geworden, was beim Radfahren nicht stört.

Ich mache einen Stop bei den Beekeepers. Sie füttern gerade ihre Bienen mit Zuckerwasser. Dieses verarbeiten die Bienen zu Honig (Zuckerhonig). Ein ordentlicher Imker würde die Bienen Blütennektar sammeln lassen, welches dann im Stock zu Honig umgewandelt wird und nur zum Winter hin mit Zuckerwasser füttern.

Endlich, am Nachmittag dreht der Wind und schiebt mich ein wenig den letzten aber steilen Berg hoch. Ich erreiche Bijar, eine kleine Stadt. Im Ort finde ich ein Hotel. Die Frage, wo ich schlafen werde ist damit gelöst.

Am nächsten Morgen gibt es kein Wölkchen mehr am Himmel. In den ersten Stunden unterstützt mich noch der Rückenwind vom Vortag. Was ist es ein leichtes Fahren, sich den Berg hinunter rollen zu lassen ohne zu treten. Am späten Vormittag ist Schluss damit. Der Wind dreht zurück.

Auf der Straße ist für iranische Verhältnisse wenig Verkehr. Auffallend sind auf dieser Strecke die vielen roten alten Mack-Lkws, die große Steinblöcke transportieren. Oft sieht man diese Steinblöcke auch am Wegesrand liegen, als Folge eines Unfalls.
Die Iraner sind schlechte Autofahrer, immer Bleifuß und ganz dicht auffahren. Benzin ist mit 20 Cent/Liter billig und es gibt sehr viele alte Autos, aber auch neue. Iran ist der zwölftgrößte Autoproduzent der Welt, trotz der Einschränkungen durch die Sanktionen.
Ein junger Iraner sagte mir, er kann nicht heiraten, weil er arm ist. Um heiraten zu können benötigt er eine Wohnung und ein Auto.

Am späten Nachmittag erreiche ich nach 90 Kilometer eine vielbefahrene Schnellstraße. Weiterfahren möchte ich an diesem Tag nicht. Um in die 75 km entfernte Stadt Hamadan zu gelangen lasse ich mich und mein Fahrrad von einem Auto mitnehmen.

In Hamadan, eine große sehenswerte Stadt, mache ich zwei Tage Pause. Die Fahrten der letzten Tage gegen den Wind waren sehr anstrengend, abgesehen von den täglichen 1000 m Steigungen. Schlafe aus, wasche meine Sachen und besichtige die Stadt.

Im Zentrum liegt der Meydan-e Imam Khomeini – ein großer Kreisverkehr – mit einer kreisrunden Umbauung mit zweistöckiger Ziegelfassaden. Von hier aus schlendere ich durch ein Basarviertel. Inmitten des Bazars ragt das Doppelminarett der alten Freitagsmoschee hervor. Im Innenhof ist ein großes Wasserbecken, in dem sich die Männer die Füße waschen. Ein Mann singt im Hof Suren aus dem Koran. Das passt wunderbar zur Stimmung. Nach dem Mittagsgebet möchte ich die Moschee besichtigen, sie ist aber verschlossen.
Die schiitischen Moscheen unterscheiden sich in der Front und den Minaretten deutlich von den sunnitischen in der Türkei. Es wird auch nur dreimal am Tag zum Gebet gerufen.

Ein Wahrzeichen von Hamadan ist das Grab von Ibn Sina, auch bekannt als Avicenna, Wissenschaftler, Philosoph, Dichter und wohl der berühmteste Arzt des Mittelalters. Er ist hier 1037 gestorben, seine Werke waren maßgeblich für die Medizin bis ins 17. Jahrhundert hinein. Im Buch „Der Medicus“ wurde er nochmals bekannt gemacht.

Am Grabmal habe ich zwei Iraner getroffen, die Englisch sprechen. Sie begleiten mich am Nachmittag zu einem beliebten Ausflugsziel der Hamadaner oberhalb der Stadt zum Gandjnameh. Zwei achämenidischen Inschriften sind hier in den Fels gemeißelt, die einzigen Zeugnisse dieser Zeit. Die Besucher kommen jedoch eher wegen des Wasserfalls und den Grünanlagen.

Anschließend sind wir traditionell iranisch Essen gegangen, jenseits von Kebab. Es hat mir gut geschmeckt, obwohl einige Fleischstücke in dem schmackhaft gewürzten Spinat-Bohnen-Gemisch waren.

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