Jun 172017
 

248. Reisetag

5815 km

 

 

Alles ist stimmig. Ich radele auf einem Plateau mit wenigen Hügeln. Es weht kein Wind. Die Dirt-Road ist im besten Zustand und verkehrsfrei. Ich rolle dahin, anstrengungslos. Da wandern natürlich die Gedanken. Unterwegs-sein ist etwas Besonderes – ich fühle mich frei. Ob es mich weiter in meiner „Weisheit“ bringt, glaube ich nicht. Es beschäftigt mich eher auf eine Art, die ich mag. In Bewegung bleiben, Unbekanntes sehen, ein wenig Abenteuer erleben und viel Natur um mich herum. Ziele gibt es eigentlich nicht – es sind Übernachtungsorte. Ich bleibe einen Tag, einfach so – um nichts zu machen, den Blog ins Internet zu stellen, seltener weil der Ort interessant ist. Ich mag es bequem (wenn möglich), anstatt Zelt ein Bett in einer Cabin oder Motel, aber nicht um jeden Preis. Genieße auch einen kalten Morgen nach frostiger Nacht am Fluss mit aufsteigendem Nebel.

An diesem Tag zieht eine monotone aber nicht langweilige Landschaft an mir vorbei – trockenes Grasland mit niedrigen Sträuchern. Früher standen hier Gumtree-Wälder, wie die kundige Dame im Morgan-Museum mir erklärte. Deren Holz hat die Dampf-Eisenbahn und -Schifffahrt vor mehr als 100 Jahren am Laufen gehalten. Jetzt weiden hier Schafe auf kargen Weiden. Unterbrochen wird die trockene Ebene durch Weinplantagen – der nahe Murray (und wohl auch die Chemie) machen es möglich. Ich wunderte mich bereits, wie der Fluss es schafft beidseits seiner Ufer einen mehr als 1000 Kilometer langen Landstrich mit intensiver Agrarwirtschaft mit Wasser zu versorgen. Schon vor 100 Jahren begann man ihn mit diversen Wehren und Stauseen zu nutzen. Nur 15 Prozent seiner Wassermenge erreichen das Meer.

Um im Fluss zu bleiben, wenn auch langsam, grub der Murray sich ein Bett ins erhöhte Umfeld. Ockerfarbene Kalkriffe entstanden an seinen Ufern. In weiten Tälern breitete er sich aus, es bildeten sich Lagunen.

Nach 40 Kilometern Fahrt, im Minidorf Blanchetown, halte ich im kleinen Versorgungsladen – Post, Zeitung, Minimarkt – um einen Kaffee zu trinken. Dabei komme ich mit den anwesenden Frauen des Dorfes ins Gespräch. Eine bietet mir an, in einem Wohnwagen neben ihrem Haus zu übernachten. Ich habe es nicht eilig und freue mich über ihr Angebot. Wie sich herausstellt, hat sie den Wohnwagen erst kürzlich gebraucht gekauft. Zusammen reinigen wir diesen erst einmal gründlich. Strom erhalte ich aus der Garage, Trinkwasser in einer Kanne, gegen den kalten Abend hilft ein Heizlüfter, die Toilette nutze ich im Haus. Ein freundliches selbstloses Angebot.
Das Abendessen nehme ich im kleinen Ortshotel ein. Hotel bedeutet in Australien nicht unbedingt Übernachtung, sondern Bar nebst Bottleshop, Spiel-/Wettstätte und Essen ab 6 pm. Vegetarisch gibt es nur eine Pizza Margarita, viel Teig, wenig Käse und geschmacklos – einfach schlecht. Mit einem Bier spüle ich sie hinunter.

Entgegen dem Wetterbericht fängt es nachts an zu regnen und er hält den nächsten Tag an. Die Dirt-Road bleibt trotz Nässe gut befahrbar, die wärmenden Sonnenstrahlen fehlen aber. Meine Goretex-Schuhe sind leicht und wasserdicht, das Klima darin aber wie in einem Gummischuh. Ich bekomme feuchte kalte Füße und die Kälte kriecht so langsam nach oben. Hinzu kommt die Feuchtigkeit von außen. Zum Glück ist der nächste Ort nur 25 Kilometer entfernt und es gibt ein Hotel mit Übernachtungsmöglichkeit.

Der frühe Stopp lohnte sich. Am folgenden Tag scheint die Sonne und es ist warm. Am frühen Nachmittag erreiche ich Mannum, eine größere Stadt mit Supermarkt und Unterkunftsmöglichkeiten. Bei letzteren bin ich ein wenig zu sparsam. Das Zimmer sieh gut aus, das desolate Gemeinschaftsbad entdecke ich erst später.

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