Mrz 072017
 

146. Reisetag

Radelpause

 

Draußen stürmt es. Wir sitzen gemütliche im Bus, frühstücken und ignorieren den Wind nebst aufziehenden Wolken. Selbst der einsetzende Regen nach der Weiterfahrt kann uns (im Auto) nichts anhaben. Er stört nur bei den Halts um zu Fuß Abstecher zu kleinen „Naturwundern“ zu machen.

Die trockene Landschaft des Ostens und der Mitte der Insel ist verschwunden. Wir befinden uns auf der regenreichen Westseite der Insel. In den Wäldern sind Stämme und Boden vermoost, Flechten hängen herunter. Der in den trockenen Regionen vermisste und für Neuseeland typische Baumfarn ist wieder da.

Nach dem Überqueren der Alpen geht es hinunter zur Westküste. Im Küstenort Haast erhalten wir – ganz unerwartet – eine Unterkunft im Hostel und hoffen damit den Bann des ewig Ausgebuchten gebrochen zu haben. Es hat sich eingeregnet. Zum Kochen haben wir an diesem Abend keine Lust und essen im kleinen Supermarkt ein nicht leckeres Fish&Chips-Gericht.

Mit unserem neuen Fahrzeug sind wir flexible geworden. Am nächsten Tag machen wir einen Seitenausflug entlang der Küste zur Jackson Bay. Anfangs Farmen und verstreute Siedlungen in der Ebene, dahinter die Kulisse der hoch aufragenden Southern Alps, später Dschungel und Steilküste auf kaum befahrener Straße. Zwischendurch einen Stopp mit Spaziergang auf einem Plankenweg entlang eines Flusses und durch Sumpfgelände. Dass muss man den Neuseeländern lassen, wenn ein Track angezeigt wird, ist er bestens angelegt.

Knapp eine Stunde sind wir zum kleinen Fischerdorf Jackson Bay unterwegs. Nach einem Spaziergang durch niedrigen Farnwald zur felsigen Beach belohnen wir uns mit einem Fish&Chips-Essen im Campingwagenrestaurant. Als Pescetarier habe ich keine große Wahlmöglichkeit.

An diesem Tag erfolgt die ernsthafte Konfrontation mit den Plagegeistern Neuseelands, den Sandflies. Kleine ca. 3 mm große schwarze Fliegen tauchen in Schwärmen auf und lieben – wie die Touristen – landschaftlich schöne Stellen. Sie stechen nicht, sondern beißen die Haut auf. Die Blutgerinnung verhindern sie mit ihrem Speichelsekret. Die Bisswunde fängt an zu jucken und durchs Kratzen intensiviert sich der Juckreiz. Noch Tage nach dem Biss juckt es. Und wehe man kratzt. Eine gute, aber schwere Herausforderung der Selbstbeherrschung. Das gelingt nicht immer.

Unsere Fahrt geht entlang der Küste in nördlicher Richtung. Die nächsten Haltepunkte sind die Orte Fox-Glacier und Franz Josef Glacier. Kleinstsiedlungen mit Unterkünften für Touristen.
Natürlich machen auch wir unseren Marsch zum Gletscher. Diese sind bereits arg geschrumpft. Am Ende eines breiten steinigen Tals bewundern wir in „sicherer Entfernung“ den Gletscherfuss, eine blaue, zerklüftete schmutzige Eiswand.
Vor einigen Jahren konnte der Gletscher mit Führer noch erwandert werden. Dass ist aus Sicherheitsgründen nicht mehr erlaubt. Per Hubschrauber werden die Touristen jetzt auf dem Gletscher abgesetzt, aber nur bei genügend Sicht. Wir haben Glück, es ist nebelig und bleiben deswegen vom Hubschrauberlärm verschont.

Den Gegensatz zur steinigen Moränenlandschaft der Gletschertäler finden wir im Glühwürmchenweg in einem wie es scheint „verwunschenen“ Wald mit vermoosten dicken Bäumen und Farnen. In der Dämmerung wunderschön, bis Rudel von Touristen mit Taschenlampen die Idylle stören.
Wir wandern um den Spiegelsee, in dem sich die Kulisse der Alpen spiegelt – wunderschön – nur wir sind nie alleine. Angenehm wenig Betrieb erleben wir bei unserem Ausflug zu einer Lagune. Wie in vielen Feuchtgebieten Neuseelands wächst auch hier massenhaft Flax, eine sisalartige Pflanze, deren Faser früher zu Seilen verarbeitet wurde. Wir erwandern einen Berg und erleben die Weitsicht über Meer und Lagune – bei schönstem Wetter. Die Vorhersage lag einmal wieder daneben. Kräftiger Regen war angekündigt.

Ich erhalte am Abend per Mail mein Australien-Visa. Der Weiterfahrt steht also nichts mehr im Wege.

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