Sep 082013
 
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Kirchenburg in Medias.

 125. Reisetag

5999 km

 

Helmut und ich beabsichtigen für einige Tage eine Rundtour mit dem Fahrrad durch Siebenbürgen zu machen. Wir möchten die Kirchenburgen im Umfeld besuchen. In einigen ist eine Übernachtung möglich.
Nach der Besiedlung durch die Siebenbürger Sachsen wurden die Kirchen zum Schutz gegen die Osmanen als Wehrkirchen gebaut.

Ich erleichtere mich um mein Zelt und Kochzubehör. In zwei Radtaschen ist mein Gepäck untergebracht, der Rest bleibt im Hotel. Am Morgen ist es trotz Vorbestellung nicht ganz einfach ein fahrbereites Rad für Helmut zu erhalten. Unsere Abfahrt verzögert sich deutlich. Bei sonnigem Wetter und angenehmen Fahrtemperaturen geht es mit viel Verkehr hinaus aus Sibiu, dann weiter durchs hügelige Land auf kleinen wenig befahrenen Straßen.

Die Stadt-Land-Unterschiede sind gewaltig. Nach dem belebten Sibiu fahren wir durch die Dörfer, in denen die Neuzeit erst langsam ankommt. Viele jungen Menschen haben den Ort verlassen, die Alten bleiben zurück. Pferdekutschen stehen am Straßenrand oder sind unterwegs. Kartoffeln auf schmalen Ackerstreifen werden mühsam mit Hacke und Händen geerntet.

Unser Tagesziel erreichen wir am Nachmittag im kleinen Dorf Seica Mica/Kleinschelken. Die Kirchenburg sehen wir von weitem. Schwierig wird es den Schlüssel für das Pfarrheim zu erhalten, in dem wir übernachten möchten. Wir haben Glück, dort wohnt vorübergehend ein älteres Ehepaar aus Deutschland. Sie lassen uns hinein. Der Schlüssel wird uns von der verantwortlichen Frau am Abend übergeben. Vom Ehepaar erhalten wir interessante Informationen über das Dorf und ihr Leben.

Einst wohnten im Ort über 1000 deutschstämmige Einwohner. Es gab eine deutsche Schule und natürlich einen deutschstämmigen Pfarrer. Das Leben nach dem Zweiten Weltkrieg und unter Ceausescu war hart gewesen. Einige hatten das Dorf schon zu Ceausescus Zeiten Richtung Deutschland verlassen können. Die Ungewissheit über die Zukunft und die nach dem Umsturz 1989 gegebene Möglichkeit veranlasste die große Auswanderungswelle nach Deutschland. Alle Deutschstämmige haben das Dorf verlassen. Wenige nach Deutschland gezogene sind geschäftlich wieder zurückgekommen und betreiben Handel und Produktion. Viele in Deutschland lebende Ehemalige kommen im Urlaub hierher. Manche besitzen noch oder wieder ein Haus im Ort welches renoviert als Ferienhaus genutzt wird.

Am nächsten Morgen haben wir Gelegenheit die Kirchenburg zu besuchen. Die erste Fertigstellung geht auf das 14nte Jahrhundert zurück. Erst als katholische Kirche und nach der Reformation als evangelische. Als Wehrkirche war sie umgeben von einem Graben mit Zugbrücke, einer Mauer, hinter der das Vieh bei Angriffen getrieben wurde und nochmals einer 12 m hohen Mauer hinter der die Menschen Schutz gefunden hatten. Rundherum standen Wehrtürme.
Nachdem keine Gefahr von Angriffen mehr bestand, ist die Mauer abgetragen worden. Aus den Steinen wurde die deutsche Schule gebaut. Diese ist jetzt eine rumänische Schule.
Alle zwei Wochen hält ein Pfarrer noch eine Messe auf Deutsch. Erhalten wird die Kirche und das Pfarrheim von Spenden ehemaliger deutscher Bewohner. Wie es mit der Kultur der Siebenbürger Sachsen in diesem Ort weitergehen wird, ist ungewiss.

Wir verlassen Kleinschelken gegen Mittag, um nach 20 km die nächste Kirchenburg in Valea Viilor bzw. dem klangvollen deutschen Namen Wurmloch zu besuchen. Die Wehrkirche ist leicht zu finden. Trotz langem Suchen und Fragen finden wir keinen Verantwortlichen, der uns im alten Pfarrhaus eine Übernachtung ermöglicht. Die Kirchenanlage können wir besichtigen.

Wir fahren also weiter in die nächste größere Stadt Medias. Auch dort gibt es eine weitere Kirchenburg. Pfarrhaus und Gästehaus sind belegt. Viele Hotels in der Stadt sind wegen diverser Hochzeiten ausgebucht. Etwas außerhalb des Zentrums finden wir endlich eine Bleibe. Aber auch hier wird eine Hochzeit gefeiert. Bis früh in den Morgen hören wir die Tanzmusik.

Am Sonntag bleiben die Fahrräder im Stall. Wir machen einen Spaziergang in die naheliegenden Berge. Treffen einen Schäfer im Wald mit vielen Hunden. Mein Dog-Dazer hält sie im Abstand.

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