Zwischen Lagunen und Meer.

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Aug 092014
 

DSC08598461. Reisetag

14.954 km

100 Höhenkilometer

 

Die nächsten Tage fahre ich entlang der Küste Richtung Süden. Leider mit zunehmenden Gegenwind. Oft rauscht auf der einen Seite das Meer, auf der anderen steht das ruhige Wasser einer Lagune. Der nächste größere Ort Batticaloa wird sogar Venedig Sri Lankas genannt, da die Stadtteile verteilt auf mit Brücken verbundenen Laguneninseln liegen. Direkt am Lagunenufer finde ich eine schöne Unterkunft. Ich schlafe in einer eigenen Hütte mit Veranda und Blick aufs Wasser. Es ist schön hier und möchte ein paar Tage bleiben. Geht nicht, die Hütte ist bereits für die nächsten Tage vorgebucht. Juli/August ist an der Ostküste Hochsaison. Suche mir also eine andere Unterkunft.

DSC08554Im Ort besuche ich den Markt und unterhalte mich mit einem Gemüseverkäufer. Der Welthandel ist auch beim Kleinverkäufer präsent. Seine Kartoffeln kommen aus China, die großen Zwiebeln und der Knoblauch aus Indien, der Rest ist lokale Ware.
Den kleinen Laden hat er vor 18 Jahren von seinem Vater übernommen. Er ist Tamile und Moslem. Die meisten Tamilen glauben an die Hindugötter, sie können aber auch Christen und Moslem sein, jedoch nie Buddhisten. Ihre Sprache ist Tamil. Der Imam predigt in der Moschee auf Arabisch, das hier keiner spricht und versteht. Es gibt nur einen moslemischen Glauben, keine Sunniten oder Schiiten wie in den arabischen Ländern.
Er hat zwei Töchter, seine Frau hat vor einem Jahr einem Jahr einen Bypass erhalten. Es geht ihr nicht gut. Wie viele Männer hat er einen kleinen Wohlstandsbauch. Ein „Angestellter“ hilft aus. Vom Gemüseverkauf kann er und die Familie leben. Ob er noch in anderen Geschäften tätig ist weiß ich nicht.
Die massive Militärpräsenz und die häufigen Straßenkontrollen nerven ihn. 95 Prozent der Soldaten und Polizisten sind Singhalesen. Es sind aber nicht die Singhalesen, sondern die singhalesische Regierung, die ihm nicht gefallen.

Batticaloa ist Tamilenhochburg. Wegen der Lagunen- und Insellage konnte die Stadt im Bürgerkrieg erst spät eingenommen werden. Kriegsschäden kann ich nicht mehr erkennen.

Am Nachmittag habe ich ein Ladeproblem am Computer. Ein Wackelkontakt am bereits sichtlich strapaziertem Ladekabel – denke ich. Etwa eine Stunde hält der Akku noch. Ich werde ein wenig nervös. Wie komme ich ohne mein Netbook aus. Es gibt keinen Blog, Fotos können nicht gespeichert werden, der Kontakt mit Deutschland via Mail und Skype ist nicht möglich, meine digitalen Karten kann ich nicht verarbeiten, ich wäre von wichtigen Informationen abgeschnitten und vieles mehr. Ein schwierig zu meisternder Ausfall.
Erinnere mich bei der Ortsdurchfahrt von Batticaloa ein Schild „Computer Repair“ gelesen zu haben. Packe alles zusammen und radele dort hin. Habe Glück, der Laden ist offen und ein fähiger Mann stellt fest, dass das Netzteil nicht genügend Spannung liefert. Er schickt mich zu einem PC-Händler, der das entsprechende Teil wie erwartet nicht auf Lager hat. Er kann es aber bestellen. Am nächsten Tag mittags würde es ankommen. Bin erstaunt und ein wenig ungläubig, dass auch in Sri Lanka so etwas möglich ist. Bleibe also einen weiteren Tag im Ort. Wirklich, am nächsten Tag trifft das neue Ladegerät ein. Ich bin erleichtert und froh.

Wettermäßig holt mich der Regen ein. Abends gibt es kräftige Güsse. Das stört nicht, ist eher angenehm, da ich bereits in einer Unterkunft bin. Die Hitze über Tag bleibt.
Bei der Weiterfahrt an einem kleinen Hügel in der sonst flachen Landschaft „erklimme“ ich den 100dertsten Höhenkilometer seit meinem Aufbruch im April 2013.

Polonnaruwa.

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Aug 042014
 

DSC08392456. Reisetag

14.789 km

 

In der leicht hügeligen Landschaft wechseln sich grüne Reisfelder, Bananenplantagen und trockene Landstriche ab. Oft fahre ich entlang von Bewässerungskanälen. Auch wenn das Wasser trübe aussieht waschen sich die Anlieger darin und putzen sich damit die Zähne. Wasser aus dem Hahn ist noch lange nicht selbstverständlich.
Mir wird immer wieder zugelächelt. Manchmal werde ich wohl auch ausgelacht: Der könnte sich doch ein Busticket leisten, weshalb die Anstrengung auf dem Fahrrad.

Bizarr wirken die vielen Bayan-Bäume mit ihren Luftwurzeln am Straßenrand und in den antiken Anlagen. Der Baum ist ein Schmarotzer, der ohne seinen Wirt nichts wird. Der Samen des Banyan-Baums wird von Vögeln in der Astgabel eines Baumes abgelegt. Dieser Samen entwickelt lange Wurzeln entlang des Baumes, auf dem er liegt. Sobald er Kontakt mit dem Boden hat, werden diese Wurzeln sehr kräftig. Sie vermehren sich, verschlingen sich ineinander und verwachsen miteinander. So bildet sich ein sehr enges Netz, das schließlich den Baum erwürgt. Wenn sich der Stamm des besiedelten Baums zersetzt, hat der Banyan-Baum bereits genügend Stabilität, um alleine zu stehen.

Ich bewege mich weiter durch die kulturellen Sehenswürdigkeiten im zentralen Sri Lanka. Mein Ziel an diesem Tag ist die alte Königsstadt Polonnaruwa, nach Anuradhapura die zweite Hauptstadt Sri Lankas.
Bis zum 10. Jh. war Polonnaruwa bereits eine Art Ersatz-Hauptstadt, in der in unruhigen Zeiten Zuflucht gefunden werden konnte. Im Jahre 1070 zerstörten südindischen Truppen Anuradhapura und machten Polonnaruwa zu ihrem neuen Königssitz. Die indischen Truppen wurden durch den singhalesischen König Vijaya Bahu wieder vertrieben. 150 Jahre herrschte Ruhe im Land und zahlreiche Bauten wurden errichtet, deren Ruinen heute die Touristen bestaunen.
1240 überfielen und zerstörten Truppen aus Indien wiederum die Stadt. Das war ihr Ende. Danach übernahm die Natur das Kommando. Polonnaruwa wurde vom Dschungel überwuchert und blieb sechs Jahrhunderte lang vergessen.
Die Überreste von großen Dagobas und Tempeln mit zahlreichen Buddhafiguren sowie von Garten-, Park- und Palastanlagen und diversen Gebäuden einer ausgedehnten Stadt machen die Anlage zu einem Hauptanziehungspunkt des Tourismus.

Am nächsten Morgen beginnt mein Besichtigungsprogramm. Die Bauwerke der alten Stadt liegen weit auseinander. Hilfreich, dass ich das Fahrrad dabei habe. Es ist Samstag, neben den Touristen sind auch viele Sri-Lanker unterwegs.
Meterdicke Mauern der Palastanlagen ragen in den Himmel.
Alte Hindu- und Buddha-Tempelanlagen wechseln sich ab. Das Betreten dieser Anlagen mit nackten Füßen auf den heißen Steinen ist fast schmerzvoll. Beeindruckend sind die großen in den Fels geschlagenen Buddha-Figuren, meditierend, stehen und liegend. 1000 Jahre sind sie alt und sehen aus wie neu. Werden wohl regelmäßig geputzt.
Frische Blumen auf Opfertischen oder brennende Öllampen in Nischen zeigen, dass die Verehrung der alten Stätten weiterhin erfolgt.

Es ist noch nicht alle freigelegt. Am Rande der Anlagen liegen mit Bäumen und Sträuchern bewachsene Hügel. Ein Blick in eine Grabung zeigt, dass der gesamte Berg aus roten gebrannten Ziegeln besteht.
Die Besichtigung ist höchst interessant und gehört mit zu den kulturellen Höhepunkten meiner Reise.

Am folgenden Tag besuche ich einige Außenposten der alten Stadt, anschließend setze ich mich an einen See und schaue den Vögeln zu. Störche erkenne ich, die anderen nicht. Werde von einem jungen Fischer angesprochen, ob ich Lust hätte an das andere Ufer des Sees zu fahren. Am Abend grasen dort die Elefanten. Ich willige ein und fahre mit zwei Jungs bei rauer See auf einem Kleinstkatamaran hinüber. Sie rudern gegen den Wind. Das Boot schwankt und die Wellen schwappen gegen mich. Habe etwas Angst um meine Kamera. Für mich wäre das Ufer leicht zu erreichen und der See scheint nicht allzu tief zu sein.
Und wirklich einige Wildelefanten grasen auf der anderen Seite. Ich bleibe in sicherer Entfernung.
Auf der Rückfahrt werden noch Netze ausgeworfen, danach geht es mit einem handgehaltenem Segel mit dem Wind schnell zurück.
Zum Abend hin strömen die Menschen an den See um sich zu waschen.

Ein kräftiger Rückenwind treibt mich am anderen Morgen an die Ostküste. In einem Badeort verbringe ich die Nacht. Der Ort lädt aber nicht zum Verweilen ein.
Unterwegs kommt mir mein Fahrradtacho abhanden, am Abend verlässt die in der Türkei erfolgte Füllung meinen Zahn. Ein eher verlustreicher Tag.

Angriff im Kulturdreieck.

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Jul 312014
 

DSC08273452. Reisetag

14.643  km

 

Der Felsen von Sigiriya ist durch seine außergewöhnliche Form und Lage prädestinierte für den Bau einer Festung. Familiäre königliche Mordgeschichten im 5. Jh. sorgten dann auch dafür. König Dhatusena von Anuradhapura wurde von seinem von einer Nebenfrau geborenen Sohn Kassapa umgebracht um selber an die Macht zu gelangen. Aus Angst vor seinem Halbbruder Moggallana, der der rechtmäßige Thronfolger war, ließ er die Festung auf dem Felsen errichten. Moggallana kehrte mit einer Armee aus dem südindischen Exil zurück und besiegte Kassapa, woraufhin er König wurde und in die Hauptstadt Anuradhapura zurückkehrte.
Er überließ Sigiriya den Mönchen. In der Folgezeit geriet die Felsenfestung in Vergessenheit und wurde von Dschungel überwuchert. Erst 1828 wurde sie von Archäologen wiederentdeckt und restauriert.

Nachdem ich den recht hohen Touristeneintritt von 30 Dollar bezahlt habe, beginnt der Aufstieg auf den Magmablock eines erodierten Vulkans. Über eine Wendeltreppe etwa auf halber Höhe sind in einer Felsennische die aus dem 5. Jh. stammenden Wolkenmädchen-Fresken in prächtigen Farben zu bestaunen. In den 1970er Jahren wurden sie restauriert und die Brüste etwas aufgehübscht.

Auf einem Plateau an der nördlichen Schmalseite des Felses befinden sich die Überreste des Löwentors, nach dem der Felsen vermutlich benannt wurde: Von dem riesigen Löwenkopf, durch dessen Maul man früher den letzten, steilsten Teil des Aufstiegs begann, sind nur die zwei mächtigen Tatzen übrig.

Der Aufstieg zum höchsten Plateau erfolgt über steinerne Stufen und Leitern. Vorbei geht es an einer Bienenkolonie, deren Bewohner noch recht ruhig auf ihren Waben sitzen. Oben auf dem Felsen befanden sich die Palastgebäude, von denen nur die Grundmauern zu sehen sind. Das schöne hier oben ist der wunderbare Rundblick. Lange sitze ich im Schatten eines Baumes und lasse die Weite auf mich wirken.

Beim Abstieg am Nachmittag beginnt der Angriff der Bienen. Das vernünftige Denken bei mir setzt aus, als sich die Bienen auf mich stürzen, und nicht nur auf mich. Die Menschen laufen in Panik die Leitern hinunter und ich folge ihnen. Ich hätte noch umkehren können um auf der Plattform den Abend abzuwarten, dann wäre ich mit wenigen Stichen davongekommen. Ich aber renne hinunter und habe mein schlimmstes Erlebnis auf der Fahrt. Denke noch, das wichtigste ist Mund und Nase zuzuhalten und hindurch durch die Angriffswelle. Diese ist heftig. Die Arme sehen aus, als wäre ich in einen Kaktus gefallen, vor allem aber ist der Hals zerstochen.

So wie die Hunde beim bewegten Objekt den Jagdtrieb spüren ist es bei den Bienen das Verjagen. Ich hätte mich hinknien sollen, dann wäre wohl weniger passiert. Das wusste ich als Imkersohn nicht einmal. Die Beine sind nicht zerstochen, am Hals und Kopfansatz sind es wohl über 50 Stiche.

Mit schlotternden Knien komme ich unten an und versuche mich von den vielen Stacheln zu befreien. Die letzten habe ich beim abendlichen Duschen entfernt. Sicherheitshalber lasse ich mich mit einem Tuk-Tuk in das naheliegende Kleinstkrankenhaus fahren. Dort bekomme ich eine Handvolle Medikamente zum Schlucken, Kreislauf ist ok und Herz schlägt normal.

Zu denken gibt mir mein unüberlegtes Verhalten. Vielleicht kann ich aus diesem Ereignis noch etwas lernen.
Im Internet lese ich, dass erst einige hundert Stiche den Menschen in Lebensgefahr bringen. Das beruhigt mich nicht wirklich.

In der Nacht spüre ich wie sich ein Nadelband um den Hals legt, das zum Morgen hin fürchterlich zu jucken anfängt. Immer wieder kühle ich den Hals mit Wasser. Das Tagesprogramm ist auf eine kleine Radtour um einen See begrenzt.

Die Tour am nächsten Tag ist kurz. Ich fahre weiter nach Dambulla. Ein riesiger neuer 30 m hoher goldener Buddha steht etwas kitschig am Straßenrand. Interessanter sind die fünf Höhlentempel dahinter, die in einen hohen Granitfels geschlagen wurden. In ihnen liegen einige große Buddhafiguren, die vielen kleinen sitzen und stehen. Wände und Decken der Tempel sind bunt bemalt. Selbst der Hindugott Vishnu ist präsent. Schön, dass sie sich so gut miteinander vertragen.

Flusslandschaften.

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Jul 282014
 

DSC08153449. Reisetag

14.623  km

 

Gemütlich meinen Aufenthalt an der Ferienküste mit einem Frühstück abgeschlossen und mich auf die bereits heiße Straße begeben. Mein Ziel ist die Stadt Trincomalee. Es sind nur 20 Kilometer. Weiterfahren möchte ich nicht, da nur kleine Dörfer ohne Unterkunftsmöglichkeit auf der danach folgenden Strecke folgen.

Die vielen Militärstützpunkte am Straßenrand verdüstern meinen Blick auf das anfangs so freundlich wirkende Sri Lanka. Es gibt wahrlich wichtigere Probleme zu lösen auf dieser kleinen Insel.

Trincomalee ist eine lebendige Stadt auf einer Landzunge. Als Sehenswürdigkeit liegt ein Shiva geweihter Tempel auf einer ins Meer hineinragender Felsenklippe. Die ernsthaften Tempelbesucher sind weiß gekleidet.
Am Abend unerwarteter Weise ein leckeres indisches Gericht erhalten.

Früh am nächsten Morgen verlasse ich die Stadt. Die Tagesstrecke ist lang. Ein Problem neben der Hitze (das Tachothermometer zeigt 45 Grad an) wird der ewig wehende WSW-Wind, teilweise mit heftigen Böen, sein. Ich verlasse für einen westlichen Schlenker die Küstenregion. Die ersten 60 Kilometer fahre ich auf guter Straße. Danach biege ich in einen Feldweg ein und fahre auf einem Damm entlang eines Flusses. Immer hoffend, dass es auch wirklich weiter geht.

Vor mir liegen weite Überschwemmungsebenen. In einzelnen Wasserlachen wird mit Netzen erfolgreich gefischt. In Säcken werden die Fische auf Motorrädern abtransportiert. Viele Wasserbüffel suhlen sich in kleinen Tümpeln.
Der Weg wird sehr holprig. Oft ist der Damm weggespült. Ich folge dann den Mopedspuren durch die meist sandige, steinige Ebene, die eine Passage vermuten lassen. Muss dabei auch manchmal durch stehende Wasserflächen das Rad schieben. Die tiefliegenden Fronttaschen trage ich anschließend nach. In der Regenzeit wird wohl alles unter Wasser stehen und ein Durchkommen ist nicht möglich.

50 Kilometer Schotterwege und der strenge Gegenwind schlauchen mich sehr. Mein Wasservorrat reicht so gerade. Das 40 Grad heiße Wasser schmeckt nicht besonders, löscht aber trotzdem den Durst. An diesem Tag erreiche ich 6 Liter Wasseraufnahme. Die Sonne wirft bereits tiefe Schatten als ich endlich eine Unterkunft finde. Habe am Abend wenig Appetit und immer noch Durst.
Hinterm Spiegel in meiner Unterkunft schaut ein Frosch hervor. Wie mag er es wohl dorthin geschafft haben. Am Morgen ist er verschwunden.

Die Strecke am nächsten Morgen ist mit 45 Kilometer kurz. Fahre auf guten Straßen, aber immer noch gegen den Wind nach Sigiriya. Dieser Ort ist von der UNESCO zum Welterbe ausgezeichnet. Bereits von Weitem sehe ich den 185 m hohen, oben abgeflachter großer Felsen, der aus seiner Umgebung herausragt wie ein Pilz auf der grünen Wiese.
Hoffe, die Touristenscharen halten sich in Grenzen. Bereits am Ortseingang kommen mir mit Menschen beladene Elefanten entgegen.